17.06.2017 / Feuilleton / Seite 10

Welt im Feld

Das Duo »Skills« besteht aus den Schauspielerinnen Sylvi Kretzschmar und Camilla Feher. Für ihr Stück »Fields« legen sie auf der Bühne Suppenteller aus und stellen Notenständer hin. In den so entstehenden Feldern laufen und springen sie hin und her. Dabei strecken sie die Arme aus, als seien sie Verkehrspolizisten. Dann beginnen sie Dialoge. Feher führt die Suppenteller ans Ohr und häuft viele der gerade ausgelegten Notenständer wieder auf. Deren chromblitzende Gestänge erinnern an eine geodätische Kugel des Philosophen und Erfinders Buckminster Fuller. In diesen Kuppeln findet der Schall schnell Wege in alle Richtungen. Signale und Nachrichten werden beschleunigt, Unterhaltungen nehmen Fahrt auf.

Dass solche Effekte Menschen Angst machen können, führt dann Kretzschmar in einer Rede aus, in der es um Leute geht, die sich im ersten Moment eine Handlung überlegen, die sie im zweiten Moment unterlassen, weil sie die möglichen Konsequenzen fürchten. Sie brechen die Gespräche ab, weil sich deren Teilnehmer verdächtig machen, sie verschlucken Bemerkungen, weil sie den, der sie fallen lässt, ins Gefängnis bringen können. Harmloseste Gegenstände wie Teller und Notenständer stellen sich plötzlich als Instrumente heraus, die zu benutzen offenbar schon genügen kann, um sich strafbar zu machen.

Die Aussage von »Fields« lautet nun, dass es nicht nur darauf ankommt, was sich Wissenschaftler so ausdenken, sondern was einer mit einer Erfindung anfängt. Technik kann zu mehr da sein, als Leuten auf die Pelle zu rücken, um sie auszuspionieren und zu kontrollieren. Dass wird gerne vergessen, da die Möglichkeiten der Technik von ihrer Bedrohlichkeit verdrängt wurden.Und damit auch der Impuls, auf jemanden ohne allzu viele Bedenken zuzugehen. Welche Möglichkeiten das sind, zeigen »Skills« heute abend auf Kampnagel in Hamburg.Kristof Schreuf

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