22.05.2017 / Feuilleton / Seite 11

Lebt da noch jemand?

Das Album »Helene Fischer« ist in der ersten Woche in Deutschland 300.000mal verkauft worden. Das letzte, das sich besser verkaufte, war Herbert Grönemeyers »Mensch« im Jahr 2002. Fischers Vorgängeralbum »Farbenspiel« startete nur halb so gut, hält sich jedoch seit 189 Wochen ununterbrochen in den Top 100 der offiziellen deutschen Albumcharts. Zur Zeit liegt es auf Platz 23. Stars wie Rolling Stones oder Adele haben solche Zahlen hierzulande nie erreicht. »Helene Fischer« wurde auf Sueddeutsche.de als »das vielleicht perfideste Stück (Pop-)Musik seit vielen Jahren« vorgestellt, wobei die Musik »absurd egal« sei. Mit beängstigendem Perfektionismus besinge der Schlagerstar das Lebensgefühl von Menschen, die kaum noch darauf hoffen könnten, ihren Alltagszwängen auch nur für Momente zu entkommen, den Drang zur kleinen Freiheit aber noch nicht völlig aufgeben mögen. Textbeispiel: »Heute wollen wir einfach mal nur das volle Programm. Um nicht zu vergessen: Hier wird gelebt.« (dpa/jW)

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