08.04.2017 / Feuilleton / Seite 11

Dziuk in Dortmund

Frank Schwarzberg

Eine schummrige Hafenkneipe, ein Fährmann an den Harps, ein junger Chansonnier und Multiinstrumentalist an Keyboard, E-Gitarre und Drums, ein begnadeter Instrumentalist und Songwriter und seine Songs: Danny Dziuk war wieder in Dortmund, zusammen mit Karl Neukauf und zwar im »Subrosa«. Am vergangenen Donnerstag.

Der Musikliebhaber und -förderer Cornel betreibt den Laden mit Geschmack und Liebe zum Detail. Dziuk spielt die Lieder seiner aktuellen Platte »Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer« sowie eine üppige Auswahl aus seinem Repertoire von mittlerweile 30 Jahren. Da geht’s gegen Banken, Marktgläubigkeit und Größenwahn, aber auch um Eifersucht (»mein Therapeut sagt, das ist mein Thema«) und um eine bessere Gesellschaft, trotz alledem. Dziuk weiß mit Fontane: »Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden«, und deshalb wird bei seinen Konzerten auch viel gelacht. Man genießt, ein paar Minuten lang, Dziuks Vision, in der die verhassten »Alphatiere« im Paradies »still nur unsere Biere« zapfen.

Sowohl in den politischeren als auch in den privateren an (unter vielen anderen) Randy Newman oder Kurt Tucholsky geschulten Texten lässt Dziuk Platz für die Phantasie. Sprache ist ihm wichtig, Genauigkeit und Bewusstsein. Und auf der anderen Seite Gefühl, Empfindsamkeit, kontrollierte Romantik. Das alles zusammen schwebt zwischen Tiefe und Spiel. Dziuks Küche, Dziuks eigentliche Band, »schläft« gerade, wie er auf seiner Website mitteilt. Die Küchenzutaten aber sind noch da (Rhythm’n’Blues, Songwriter Folk, Country Soul, ein Schuss Jazz, etwas Chanson), und aus denen zaubern Dziuk und Neukauf ihre eigene Mischung. Das ist intensiv, aber dabei auch unaufdringlich – die hohe Kunst.

In den Instrumentalpassagen zeigen beide, dass sie fabelhafte Instrumentalisten sind. Neukauf ungemein empathisch für die Stimmungen der Songs und Dziuk in Klassik- und Jazzqualität am Keyboard oder flink fingerpickend an der Gitarre. Wie immer bei den Dziuk-Konzerten gibt es eine der zahllosen Varianten des Lieds »Zu alt« und das wunderschön zarte Liebeslied »Wenn 2 zueinander passen«. Selten erlebt man bei einem Konzert, wie Zuhörer im Publikum genauso intensiv zuhören, wie diese Texte gearbeitet sind. »Wenn 2 zueinander passen / was würdest du dafür geben? / 20 Pfennig Trinkgeld / oder Jahre von deinem Leben?« Ja ... Nach über zwei Stunden ist Schluss. Neukauf hat Hunger, Cornel feixt, Dziuk schwatzt draußen und raucht noch eine. Die Dortmunder Nordstadt atmet aus.

Am heutigen Samstag spielt Dziuk in Neuss im »Kulturkeller«. Und am 23.4. ist er Gast bei der Berliner »Reformbühne Heim und Welt« in der Jägerklause in Friedrichshain

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