02.04.2009 / 0

BKA stellt sich quer, NATO blockt

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel muß über die Zulässigkeit des Akkreditierungsverfahrens für Journalisten beim NATO-Gipfel in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden entscheiden. Zwei Tage vor Beginn des Gipfeltreffens hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden zuvor auf Klage des freien Journalisten und jW-Autoren Björn Kietzmann das Verfahren per Eilanordnung für unzulässig erklärt.
Dagegen legte das Bundeskriminalamt (BKA) am Mittwoch abend Beschwerde ein, über die nun der Verwaltungsgerichtshof entscheiden muß. Das bestätigte das BKA am Donnerstag. Die Wiesbadener Verwaltungsrichter hatten bemängelt, das Bundeskriminalamt habe ohne Rechtsgrundlage Informationen über Journalisten an das NATO-Hauptquartier in Belgien herausgegeben.
Die Richter stellten in ihrer Eilentscheidung fest, die Weitergabe von Informationen im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung sei nach dem BKA-Gesetz nur zulässig, wenn dies dem Schutz von Verfassungsorganen des Bundes diene. Zudem dürften Daten an NATO-Truppen in Deutschland weitergegeben werden, nicht aber an das NATO-Hauptquartier in Belgien. Außerdem sei die Negativbeurteilung des BKA sachlich nicht begründet gewesen.
Unabhängig vom juristischen Tauziehen in Hessen will die NATO an der Ablehnung der Akkreditierung von Björn Kietzmann festhalten. Dies sei eine »Entscheidung der NATO, die deutschen Behörden hatten mit diesem neuen Votum nichts zu tun", teilte die zuständige Pressestelle des Militärpakts auf jW-Anfrage mit. Man fühle sich bei dieser Entscheidung "juristisch auf der sicheren Seite", so der Sprecher.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di nannte das neuerliche NATO-Votum »unerträglich« und »rechtsstaatlich nicht begründbar«. In einer E-Mail vom 28. März hatte der Presseverantwortliche der NATO, Damien Arnaud (Head of Media Operations), noch mitgeteilt: »The decision has been notified to NATO by the German Federal Police, the BKA. I would invite you to be in touch with them directly for further information.«
Nachdem am Mittwoch das Verwaltungsgericht in Wiesbaden im Zuge einer Einstweiligen Anordnung die Weitergabe persönlicher Daten durch das BKA an das NATO-Hauptquartier als unzulässig bezeichnet hatte und das BKA aufgefordert hatte, sein "Negativ-Votum" in bezug auf zwei Antragsteller zurückzunehmen und als nicht existent zu behandeln, übernehme nach dem Wegfall dieses Negativ-Votums nun die NATO die Verantwortung für die Nicht-Akkreditierung von einzelnen Journalisten - ohne jede Begründung«.
Angesichts der angeblich mehr als 3 000 akkreditierten Journalisten für den Gipfel wird »dieses Abwehrverhalten gegen einzelne Journalisten zur nicht mehr nachvollziehbaren Farce«, so dju-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen. »Waren schon die vorgelegten Argumente des BKA mehr als dürftig und offensichtlich unzulässige Bewertungen ohne materielle Grundlage, so dürften sie in der jetzigen Entscheidung der NATO-Pressestelle nach der Gerichtsentscheidung überhaupt keine Rolle mehr spielen. Angesichts dieser Situation erscheint die Entscheidung mehr als willkürlich - und damit auch als Einzelfall nicht hinnehmbar.«  (jW)

Siehe auch: Rechtsnachhilfe für das Bundeskriminalamt. Von Ulla Jelpke

https://www.jungewelt.de/blogs/no-nato/301405