In sieben Schnellverfahren gegen Globalisierungsgegner im Alter zwischen 20 und 31 Jahren verurteilte das Amtsgericht Rostock heute unter anderem zwei Spanier, einen Polen und drei junge Deutsche zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten mit Bewährung und zehn Monaten ohne Bewährung.
Den Angeklagten war schwerer Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung oder versuchter gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen worden. Ihre Anwälte kündigten Berufungen gegen die Verurteilungen an.Wie der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) berichtet, hatten sich die Angeklagten auf die Schnellverfahren nur eingelassen, weil sie in der JVA Waldeck und in der Frauen-JVA Bützow unter entwürdigenden Haftbedingungen festgehalten wurden und ihnen im Anschluß an die Schnellverfahren eine Haftentlassung zugesichert worden war.
Da die Umstände ein rechtsstaatliches Verfahren und eine ordnungsgemäße Verteidigung nicht ermöglichten, beschränkten sich Verteidiger darauf, die Vorgehensweise von Staatsanwaltschaft und Gericht zu kritisieren und Erklärungen abzugeben.
Im Verfahren gegen einen 20jährigen Philosophiestudenten aus Deutschland beispielsweise stützte sich die Verurteilung auf eine lückenhafte schriftliche Aussage eines Polizeibeamten. Darin wurde behauptet, der Angeklagte habe am 2. Juni vier oder fünf Flaschen oder Steine in eine unbekannte Richtung geworfen. Weder wurde klar, ob es sich um Glas- oder Plastikflaschen, noch wie viele es gewesen sein sollen, weder ob es sich um Kieselsteine noch ob es sich um Pflastersteine gehandelt haben soll. Präzisere Angaben wurden nicht gemacht, dennoch wurde der nicht vorbestrafte 20jährige, der die Tat bestritten hat, zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Auch in anderen Verfahren mangelte es an präzisen Tatvorwürfen und Zuschreibungen; immer wieder blieb in den polizeilichen Aussagen unklar, wo, wann und aus welcher Entfernung und in welche Richtung geworfen worden sein soll. Ein Großteil der Angeklagten bestritt die Tatvorwürfe.
Der zuständige Einzelrichter hatte zudem von vornherein klar gemacht, daß er keine Einzelfälle betrachten wolle und daß es nicht vorstellbar sei, daß Polizisten lügen würden. »Zur Verteidigung der Rechtsordnung« könne er auch keine Bewährungsstrafen verhängen.
»Bei den Schnellverfahren pünktlich zum Ankunft der Delegationen handelt es sich in erster Linie um ein Instrument der Abschreckung«, sagte Rechtsanwältin Christina Klemm, »die mit einem fairen Verfahren nichts zu tun haben. Hier agieren Justiz und Polizei Seite an Seite.«
(jW)