03.06.2007 / 0

Anwaltlicher Notdienst: Ernüchternde Bilanz

Nach Informationen des anwaltlichen Notdienstes kam es während der gestrigen Anti-G8-Demonstration in Rostock zu mindestens 182 Festnahmen. Neun Betroffene sollen dem Haftrichter vorgeführt werden - überwiegend mit dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs.

Nach wie vor behindere die BOA Kavala der Polizeidirektion Rostock die Kontaktaufnahme der Anwälte zu den Mandanten. Betroffene seien bis zu neun Stunden in Gefangenensammelstellen (Gesa) festgehalten worden, ohne einen Rechtsbeistand kontaktieren zu dürfen. Obwohl Anwälte Zutritt verlangten, wurden sie entweder abgewiesen oder den Mandanten mitgeteilt, daß keine Anwälte zu erreichen seien.

Seit Samstagabend habe die BAO Kavala »Anwaltsbetreuer« eingesetzt – diese verhinderten jedoch eher den Zugang zu Mandanten, als ihn zu gewähren, kritisiert Rechtsanwältin Silke Studzinsky vom Notdienst des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV).

Bezeichnend für die Situation der Inhaftierten sei darüber hinaus, daß Eilrichter die Entscheidung über die Länge der Ingewahrsamnahmen mit dem Verweis auf nicht vorhandene Akten verwehrten. Nach geltender Rechtsprechung sei aber bei Ingewahrsamnahmen unverzüglich ein richterlicher Entscheid notwendig.

»Beim Umgang mit Ingewahrsamgenommenen werden normale rechtstaatliche Abläufe außer Kraft gesetzt. Das reiht sich nahtlos in das übertriebene und brutale Vorgehen der Polizei am gestrigen Tag ein«, sagte der Europaabgeordnete Tobias Pflüger, nach dessen telefonischer Intervention die besagten Rechte zögerlich gewährt wurden.

Der anwaltliche Notdienst des RAV erklärte, die Verweigerung oder Verzögerung des Kontakts zu einem Rechtsbeistand bedeute einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen.

(jW)
https://www.jungewelt.de/blogs/g8/301074