09.07.2016 / Aktion / Seite 16

Rote Sommerschule 2016

Lektion 2: Antimilitarismus

Das täglich von der NATO erzählte Märchen geht so: Die Russen waren schon immer bis an die Zähne bewaffnet und saßen in ständiger Bereitschaft auf Pferden, später auf Panzern, um ihren Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen: in der Oder Gäule tränken, am Rhein Wein tanken und vor Bordeaux noch lange nicht haltmachen. Es gibt nur einen Militarismus auf der Welt, den russischen. Am schlimmsten waren »die Soffjets«, zumeist kommunistische Russen, wie sie Bundeskanzler Konrad Adenauer in Bonn einst nannte. Die besaßen die Frechheit, sich sogar Raketen und Atomwaffen zu bauen. Die Deutschen waren zudem stets ihre ersten Opfer: 1945 tauchte die Rote Armee aus Gründen, die sich den großen bundesdeutschen Parteien und den meisten hiesigen Medien bis heute nicht erschlossen haben,zwischen Oder und Elbe auf und stellte dort ein Militärlager hin, das sie DDR nannte. Warum sollten da Merkel und Gauck am 22. Juni einen Staatsakt anordnen? Weil der Führer sich 1941 geirrt hat?

Seit jeher muss sich der Westen also wehren, er ist ein Synonym für Antimilitarismus. Einer muss schließlich auf Russen (und Chinesen!) aufpassen, und zwar weltweit, von über 900 Militärbasen aus. In einem Krieg nach dem andern, mit einigen zehntausend oder hunderttausend Toten jedes Jahr – in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Mali, Dschibuti, Somalia usw. Das kostet zwar, die NATO gibt dafür jährlich zwischen 900 Milliarden und einer Billion US-Dollar aus, aber es ist für eine gute Sache. Denn die Russen stecken schließlich über 60 Milliarden US-Dollar in ihre Angriffsmaschinen und haben 17 Militärbasen im Ausland. Das zeigt: Sie sind die Aggressoren. Da helfen nur Abschreckung, mehr Aufrüstung und neue Atomwaffen.

Anders gesagt: Antimilitarismus heißt heute zuerst Frieden statt NATO. Wer von deren Abschaffung reden will, darf aber vom Kapitalismus nicht schweigen.

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