17.06.2009 / 0 / Seite 1 (Beilage)

Bildung für alle – kostenlos, aber nicht umsonst!

Mit dem Bildungsstreik ist eine Vernetzung entstanden, die entscheidend für kommende Auseinandersetzungen sein wird

Jonas Rest und Claudia Wangerin

»Bildungsgebühren und die Privatisierung treffen uns alle«, heißt es im Aufruf des breiten Bündnisses von Studierenden, Schülerinnen und Schülern, das zum bundesweiten Bildungsstreik vom 15. bis zum 19. Juni aufgerufen hat. Mit Unterstützung von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen wollen sie in dieser Aktionswoche ein kraftvolles Zeichen für selbstbestimmtes Lernen und Leben setzen.

Von Hamburg bis Regensburg, von Berlin bis Aachen gehen erstmals seit Jahren Studierende, Schülerinnen und Schüler und Auszubildende auf die Straße. Die junge Welt ist mit diesem Themenspecial dabei, das die Vielfalt dieser Bewegung nur beispielhaft wiedergeben kann.

Bereits heute ist klar, daß mit dem Bildungsstreik eine neue Vernetzung entstanden ist. Nicht nur Schülerinnen und Schüler und Studierende haben in der Protestvorbereitung ihre Zusammenarbeit intensiviert – dem Bündnis gelang es auch, die Unterstützung von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen bis hin zu Migrantenorganisationen zu gewinnen.

Eine breite Vernetzung ist heute notwendiger denn je. Gerade in Krisenzeiten ist massiver Druck nötig, um die finanzielle Austrocknung von Schulen und Hochschulen zu beenden. Während die Bundesregierung Milliarden in Banken pumpt, hat sie jetzt gleichzeitig die Schuldenbremse in der Verfassung festschreiben lassen. Das bedeutet, daß die Milliarden in anderen Bereichen wieder eingespart werden müssen. Nach den Bundestagswahlen drohen dann auch Kürzungen im Bildungsbereich. Das wird sich nur durch massiven Druck abwenden lassen – indem

Schüler, Studierende und Auszubildende gemeinsam mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen agieren.

Der Bildungsstreik macht deutlich, daß dies auch bei uns möglich ist. Er ist kein Elitenprotest, sondern von der Überzeugung getragen, daß Studierende, Schülerinnen und Schüler wie Auszubildende sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Im Aufruf heißt es: »Wir sind überall mit der gleichen Politik konfrontiert: an der Hochschule, in den Schulen und im Betrieb«.

Was der Finanzierung der Bildung dient, muß nicht den Armen weggenommen werden, wie der hier auf Seite 3 vorgestellte »Banküberfall« zeigt.

Daß von einer umfassenden Bildungsoffensive alle Altersklassen profitieren können, zeigt unser Blick nach Venezuela. Was Massenproteste bewirken können, macht eine Erfolgsgeschichte aus Griechenland deutlich.

Hierzulande wird den Auszubildenden die Teilnahme am Bildungsstreik besonders schwer gemacht: Während Schüler in den meisten Bundesländern maximal mit einem Eintrag ins Klassenbuch als Streik-Konsequenz zu rechnen haben, ist das Fernbleiben von Berufsschule oder gar Ausbildungsbetrieb ein Verstoß gegen den Ausbildungsvertrag. Obwohl dies

nicht für eine rechtsgültige Kündigung reicht, sorgt es dennoch für Verunsicherung.

Gewerkschaftliche Stimmen machen auch in diesem Special deutlich, daß die Solidarität der Gewerkschaften den Teilnehmern des Bildungsstreiks sicher ist.

junge Welt hat bei dieser Gelegenheit mit Critica, dem Magazin des Studierendenverbandes Die Linke.SDS, der Zeitschrift Position (Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend) und der Zeitschrift Klassenkampf zusammengearbeitet.


bildungsstreik erscheint als Beilage der Tageszeitung junge Welt im Verlag 8. Mai GmbH, Torstraße 6, 10119 Berlin. Redaktion: Claudia Wangerin, Jonas Rest, Peter Wolter (V.i.S.d.P.); Anzeigen: Silke Schubert; Gestaltung: Lars Peters & Max Grambihler

https://www.jungewelt.de/beilage/art/264062