22.10.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Zügig und korrekt

Briefwechsel mit Abgeordneten – oder Satire erschließt sich nicht jedem

Der Schriftsteller Theodor Weißenborn forderte im November 1985 die Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU, SPD und FDP unter dem Pseudonym Thomas Klausen und im Auftrag einer von ihm frei erfundenen »Initiative für bürgernahe Politik« brieflich dazu auf, persönliche Patenschaften für die Atomraketen zu übernehmen. Antwort des Abgeordneten und Oberstleutnat a. D. Markus Berger: »Sehr geehrter Herr Klausen, ich verbitte mir solche Belästigungen wie die vom 19. November 1985.« Antwort von Klausen: »Sehr geehrter Herr Oberstleutnant, Ihr Verhalten in vorbezeichneter Sache gibt Anlaß zur Beanstandung, da hier noch immer keine positive Rückäußerung Ihrerseits vorliegt. Es wird daher um zügige und korrekte Erledigung ersucht. (…) Es geht nicht an, bei Abstimmungen im Deutschen Bundestag Entscheidungsfreiheit zu beanspruchen, gleichzeitig an der Propagandafront jedoch den Einsatz zu verweigern, während Hunderte von zivilen Defätisten in klirrender Kälte per Mahnwachen neu stationierte Verteidigungswaffen öffentlich diffamieren. (…) Bei weiterer Unschlüssigkeit hinsichtlich des o. a. Sachverhalts wird Einholung zweckdienlicher Instruktionen bzw. genauer Handlungsanweisung empfohlen. Mit Gruß sowie in Erwartung postwendender Bereitschaftserklärung i. A. Thomas Klausen«

Thomas Weißenborn: Die Paten der Raketen, éditions trèves, Trier 1986
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