08.10.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Regierung wehrt ab

Die Bundesregierung lehnt nach der Bootskatastrophe vor Lampedusa Forderungen ab, zur Entlastung Italiens mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland biete bereits so vielen Menschen Zuflucht, wie es seiner Größe und Bevölkerungszahl in Europa angemessen sei, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. »Italien hat im vergangenen Jahr 15000 Asylbewerber aufgenommen und Deutschland 65000«, ergänzte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Dies mache deutlich, daß der Ruf nach einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge in Europa nicht legitim sei. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte in der Welt am Sonntag mit Verweis auf diese Zahlen den – unter anderem von der Hilfsorganisation »Pro Asyl« erhobenen – Vorwurf zurückgewiesen, daß sich Europa vor Schutzsuchenden abschottet. Es gehe nun darum, den »Schlepperbanden« das Handwerk zu legen.

Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, warnte dagegen am Montag, der Ruf nach schärferer Kriminalisierung der Fluchthelfer verkehre Ursache und Wirkung. »Erst die Abschottung der europäischen Grenzen treibt Flüchtlinge in die Hände skrupelloser Schleuser.« Zur aktuellen Debatte um die EU-Flüchtlingspolitik falle Friedrich »wie immer nur seine Forderung nach stärkerer Bekämpfung der sogenannten Schleusungskriminalität ein«. Zu einem Ende der Flüchtlingsdramen im Mittelmeer mit Tausenden Toten trage er so nichts bei. Statt die Flüchtlinge zu kriminalisieren und wegen illegalen Grenzübertritts massenhaft zu inhaftieren, müßten legale, ungefährliche Wege für eine Einreise Schutzsuchender in die EU geöffnet werden. »Flüchtlinge aus Syrien, Mali und Somalia müssen nach Europa gelangen können, ohne dabei ihr Leben zu riskieren.« (jW)
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