04.09.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Hintergrund: Obama als Bremsklotz?

Für die parteienübergreifende Koalition der Kriegstreiber ist der schwerfällige US-Außenminister John Kerry ein denkbar unsympathischer Sprecher. Diese Rolle würde sowohl vom Rang als auch in bezug auf die geistige Agilität weitaus besser von Präsident Barack Obama ausgefüllt. Der jedoch hat sich seit Beginn der Syrien-Krise dem Geschrei der Falken ferngehalten und es Kerry überlassen, die kriegsmüde US-Öffentlichkeit von einem neuen Waffengang im Nahen Osten zu überzeugen.

Tatsächlich ist die Sequenz der jüngsten Ereignisse äußerst kurios: Kerry vermittelt im Fernsehen der Weltöffentlichkeit glaubhaft den Eindruck, daß ein US-Angriff auf Syrien unmittelbar bevorsteht, dagegen erklärt zwei Tage später der Präsident, er habe noch keine Entscheidung getroffen. Dies treibt Kerry sofort wieder ins Rampenlicht, wo er dieses Mal eine noch robustere Aussage über die bevorstehende US-Militärintervention macht. Die Mainstreammedien als Sprachrohr der Falken wissen dann unter Berufung auf hochrangige US-Regierungsquellen zu berichten, daß der Krieg gegen Syrien nicht mehr eine Frage des »Ob«, sondern nur noch des »Wann« sei, mit Sicherheit vor dem 3. September.

Der wirkliche Schocker kam dann für die hinter Kerry stehenden Kriegsfraktion, als Obama am vergangenen Freitag nach einem 45minütigen Gespräch unter vier Augen mit dem Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough, im Rosengarten des Weißen Hauses verblüffend erklärte: Ja, er habe beschlossen gegen Syrien loszuschlagen, aber er werde »zur inneren Stärkung der Nation« den Kongreß darüber abstimmen lassen.

Dieses politische Pingpong-Duell deutet auf einen heftigen Machtkampf innerhalb der Regierung in Washington hin, und nicht wenige entsetzte Falken werfen Obama bereits vor, mit diesen Schachzügen eine US-Militärintervention in Syrien, die er in den vergangenen zwei Jahren immer wieder verhindert habe, auch diesmal wieder abwenden zu wollen.

(rwr)
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