29.07.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Hintergrund: Syrische Flüchtlinge im Libanon

Karin Leukefeld
Für 2013 hat das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) von der »internationalen Gemeinschaft« für Syrer, die in die Nachbarstaaten Türkei, Irak, Jordanien und Libanon sowie nach Ägypten geflohen sind, 1,17 Milliarden US-Dollar Hilfe gefordert. 45 Prozent davon sind bis zur Jahreshälfte eingegangen. Den größten Anteil des Geldes erhielt Libanon mit 189 Millionen US-Dollar. Das meiste Geld zahlen die USA mit bisher 228460 US-Dollar, Deutschland hat dem UNHCR für syrische Flüchtlinge seit Anfang des Jahres knapp zehn Millionen US-Dollar überwiesen. Das Geld aus Berlin ging ausschließlich an den Libanon und Jordanien. Abgesehen von Kuwait sucht man die Golfstaaten auf der Geberliste vergebens.

Die Zahlen geben keine Auskunft über die Ablehnung, die den syrischen Flüchtlingen im Libanon entgegenschlägt. Laut einer Umfrage haben 82 Prozent der Libanesen Angst, daß die Syrer ihnen die Arbeit wegnehmen, die im Libanon nicht nur knapp, sondern auch schlecht bezahlt ist. 54 Prozent der Befragten sind für die Schließung der Grenzen. Vorurteile gegenüber den Syrern lassen sich Äußerungen wie »Syrer vergewaltigen unsere Töchter« oder »sie verbreiten Krankheiten« entnehmen. Das Finanzministerium verfügte kürzlich die Schließung von 377 illegal eröffneten Geschäften im Ostlibanon, Syrer dürfen zwar auf den Feldern und Baustellen arbeiten, nicht aber im Handel.

Dennoch sei in den Grenzgebieten zu Syrien Gastfreundschaft zu finden, heißt es in einer Untersuchung der libanesischen Beobachtungsstelle für die Rechte der Arbeiter und Angestellten. Hintergrund dürften grenzüberschreitende Verwandtschaften sein. Eigentümer von Grundstücken, Häusern oder Wohnungen können zudem mit der Vermietung an die Flüchtlinge gutes Einkommen erzielen. Wohlhabende Syrer dagegen können Eigentum erwerben und Investitionen tätigen. Viele haben das allerdings schon vor Jahren getan, als niemand in Syrien an Krieg dachte. Den Verlust, den die libanesische Wirtschaft durch das Ausbleiben von Touristen seit zwei Jahren zu verzeichnen hat, machen diese Einlagen nicht wett. Dennoch sei ein kleiner wirtschaftlicher Zuwachs zu verzeichnen, heiß es kürzlich in einer Meldung der Daily Star. Das betreffe den Medikamentenhandel, Baumate­rialien und Lebensmittel. Früher wurden diese Güter aus Syrien in den Libanon exportiert, nun ist es umgekehrt. (kl)
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