25.05.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Anhörung per Video

Im Jahr 2012 haben 64539 Menschen Asyl in Deutschland beantragt. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer liegt bei sechs Monaten, bei Antragstellern aus Serbien und Mazedonien unter zwei Monaten. Bei Klagen dauert es ein Jahr bis zu einem Gerichtsbeschluß, bei Serben und Mazedoniern ein halbes Jahr. Das geht aus den Antworten auf eine kleine Anfrage der Frak­tion Die Linke im Bundestag (Drs. 17/13287) hervor.

Bei knapp 18 Prozent aller Asylsuchenden war das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2012 den Angaben zufolge der Auffassung, daß ein anderes EU-Land zuständig sei (Dublin-Verfahren). Am häufigsten war das Italien (2483 Rückübernahmeersuchen), das wegen seiner unzureichenden Aufnahmebedingungen in der Kritik steht. Wie über deren Anträge entschieden wird, geht aus keiner Statistik hervor.

Bei denjenigen, über deren Asylanträge abschließend in der BRD entschieden wird, liegt die Anerkennungsquote derzeit bei 46,5 Prozent. Viele zunächst abgelehnte Asylsuchende sind in ihren Herkunftsländern verfolgt: Gut 13 Prozent der Kläger gegen eine ablehnende Behördenentscheidung erhielten 2012 von Gerichten einen Schutzstatus zugesprochen.

174 Asyl-Anhörungen erfolgten im Jahr 2012 mittels Videokonferenztechnik, die wegen interner Personalprobleme des Bundesamtes eingeführt wurde. Die Entscheider begegnen dem Asylsuchenden in solchen Fällen gar nicht mehr persönlich. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages erfolgt diese Praxis ohne rechtliche Grundlage und ist damit rechtswidrig. Die Bundesregierung hält eine Rechtsgrundlage für verzichtbar und hält am Verfahren fest. Sie begründet das damit, es liege wegen der Beschleunigung des Verfahrens auch im Interesse der Antragsteller. Verbände und Rechtsanwälte kritisieren, daß mangels persönlicher Begegnung und durch die technische Distanz keine vertrauensvolle Atmosphäre entstehen kann – was aber wichtig wäre, wenn die Antragsteller etwa über traumatische Gewalterlebnisse reden sollen.

787 Asylsuchende haben im vergangenen Jahr das sogenannte Asyl-Flughafenverfahren durchlaufen. 58 von ihnen wurde die Einreise nach Deutschland verweigert. 37,8 Prozent aller Asylsuchenden in Deutschland waren Kinder.

Im ersten Quartal 2013 stieg die Zahl der Asylsuchenden aus der Russischen Föderation auf 2055. Es handelt sich fast ausschließlich um Personen aus dem Nordkaukasus, insbesondere Tschetschenen, die über Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, behördliche Schikanen und Folter klagen. Weil die meisten von ihnen über Polen einreisen, werden sie dorthin rücküberstellt. (uj)
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