18.03.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Konflikt um Sabah

Rainer Werning
Malaysia lehnt es ab, die Sabah-Frage (siehe unten) vor dem Internationalen Gerichtshof klären zu lassen, wie es beispielsweise Nur Misuari, der Gründungsvorsitzende der Nationalen Befreiungsfront der Moros (MNLF) vorgeschlagen hat. In Kuala Lumpur hält man eine Debatte darüber für gegenstandslos. Auffällig zurückhaltend ist das Echo seitens der ASEAN-Gemeinschaft. Mit gutem Grund: Diese 1967 in der thailändischen Metropole Bangkok geschaffene Vereinigung südostasiatischer Staaten, der neben den Gründungsmitgliedern Malaysia und den Philippinen mittlerweile acht weitere Länder angehören, betrachtet jede Art von Grenzverschiebung als Tabu und wahrt in diesem Sinne strikt eine Politik der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines jeden Mitgliedslandes.

Seit Anfang der 1970er Jahre sind der Sulu-Archipel und die Hauptinsel Mindanao die höchstmilitarisierten Gebiete im Süden der Philippinen. Lange Zeit herrschte dort ein erbittert geführter Bürgerkrieg. Zunächst war es die MNLF, die für einen unabhängigen Staat kämpfte, dann aber endgültig im September 1996 ihren Frieden mit der Zentralregierung in Manila schloß. Später kam mit der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF), einer Abspaltung von der MNLF, die mittlerweile größte und bedeutsamste muslimische Gruppierung ins Spiel, mit der die Regierung in Manila seit Jahren ausgerechnet unter der Ägide der malaysischen Regierung in Kuala Lumpur zunächst Waffenstillstands- und danach Friedensverhandlungen führte.

Zum Durchbruch kam es dabei am 15. Oktober des vergangenen Jahres. Ein sogenanntes Rahmenabkommen sieht vor, bis Mitte 2016 eine friedensvertragliche Regelung zu finden, die den Moros volle Autonomie gewährt. Doch die aktuellen Ereignisse in Sabah deuten darauf hin, daß einige politische Protagonisten starkes Interesse daran haben, eine solche Friedensregelung unmöglich zu machen. Schließlich stehen in Malaysia und den Philippinen Wahlen an, die Politiker auch und gerade dazu nutzen werden, aus Eigeninteressen nationalistische Resentiments zu schüren
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