08.03.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Position: Liebich will mehr Europa wagen

Im Februar hatte der frühere Linke-Vorsitzende Lothar Bisky, Mitglied des Europäischen Parlaments, im Zeit-Interview konstatiert, ein rot-rot-grünes Bündnis wäre »eine Chance für Die Linke, aus ihrer Enge herauszukommen« (jW berichtete). Er könne sich vorstellen, daß Die Linke ihre außenpolitischen Positionen, etwa zu einem Ausstieg aus der NATO, korrigiere. »Die Linke wird sich auf ihren Glaubenssätzen nicht ewig ausruhen können«, proklamierte Bisky. Der Linke-Bundestagsabgeordneter Stefan Liebich, Mitbegründer der parteirechten Strömung »Forum Demokratischer Sozialismus«, legte in der FAZ vom Donnerstag nach und suchte gleich den ganz großen Konsens. In einem gemeinsamen Gastbeitrag mit den Bundestagskollegen Roderich Kiesewetter (CDU), Reinhard Brandl (CSU), Bijan Djir-Sarai (FDP), Lars Klingbeil (SPD) sowie Agnieszka Brugger und Viola von Cramon (beide Bündnis 90/Die Grünen) formulierte er den »parteiübergreifenden Grundkonsens »Mehr europäische Außenpolitik«. Liebich und Co. schreiben da: »Wenn die EU nicht bereit ist, die internationale Ordnung mitzugestalten, überläßt sie anderen die Gestaltung der Welt. Deutsche Politik hat ein Interesse daran und sollte sich dazu verpflichtet fühlen, eine aktivere gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik zu unterstützen, auch wenn deutsche Interessen nicht immer selbstverständlich deckungsgleich mit denen europäischer Partner sein müssen.« Europa müsse »Friedensmacht« sein, fordern die sieben wohlfeil. »Die Friedensmachtkompetenzen Europas gilt es auszubauen und zu stärken. Das beinhaltet eine Stärkung der Fähigkeiten und Instrumente zu Krisenprävention, Krisenmanagement und Krisennachsorge (…).«

Im Entwurf des Wahlprogramms für die Bundestagswahl am 22. September, der dieser Tage in Basiskonferenzen der Linkspartei diskutiert wird, heißt Krieg noch Krieg und »deutsche Interessen« werden konkretisiert: »Wenn die Regierung von ›deutschen Interessen‹ spricht, sind fast immer wirtschaftliche Interessen wir Rohstoffsicherungoder der Zugang zu Absatzmärkten gemeint. Um diese zu sichern, wird offen der Einsatz militärischer Mittel erwogen. Die Linke stellt sich gegen jede imperialistische Politik. Die Linke steht für konsequente Friedenspolitik.« Während Liebich das »Krisenmanagement« der EU stärken will, lehnt seine Partei die »Militarisierung der Außenpolitik« ab. Am 23. Februar haben ihn seine Berliner Genossen mit 69,8 Prozent für Platz vier der Liste zur Bundestagswahl nominiert. (rg)
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