27.02.2013 / Feuilleton / Seite 12

Jubel der Woche: Lennartz, Karge, Gütschow, Winkler

Jegor Jublimov
Trotz einer Hauptrolle an der Seite von Bruno Ganz wähnte man Monika Lennartz in den 90er Jahren vom Bildschirm verbannt. Das hat sich glücklicherweise geändert. Jahrzehntelang war sie Publikumsliebling am Berliner Maxim Gorki Theater, nun hat die Lennartz Zeit für Filme – mal als Mutter und Oma, mal als schlitzohrige Betrügerin oder gestrenge Unternehmerin. Man würde sie aber auch gern in ihren alten DEFA-Filmen wiedersehen, neben Lilli Palmer in »Lotte in Weimar« (1974), neben Jaecki Schwarz in »Bürgschaft für ein Jahr« (1981), auch ihre Olga in »Drei Schwestern« war 1984 außerordentlich. Ihren ersten großen Bühnenerfolg hatte die Lennartz, die morgen 75 wird, vor fast 50 Jahren als Julia an der Seite von Klaus Manchen als Romeo. Das könnten die beiden jetzt wiederholen. Ephraim Kishon hat die Vorlage geschrieben.

Am Freitag zieht Manfred Karge nach – auch 75! Seit ihn die Weigel 1961 ans Berliner Ensemble (BE) holte, stand er vor Fernsehkameras, aber wirklich bekannt wurde er 1965 mit seinem ersten DEFA-Film. In »Die Abenteuer des Werner Holt« spielte er Holts Freund und Gegenspieler Wolzow. Besonders in Gegenwartsfilmen, aber mit Vorliebe auch in Rolf Losanskys Jugendfilmen »Euch werd ich’s zeigen« (1972) und »Achillesferse« (1978) spielte Karge mit. Da war die Regie schon längst sein Hauptfach geworden. Im Team mit Matthias Langhoff arbeitete er am BE und an der Volksbühne, seit den 80er Jahren dann im Westen. Karge ist auch ein produktiver Autor. Sein Stück »Jacke wie Hose« wurde in London gar mit Tilda Swinton verfilmt. Seit der Ära Peymann ist Karge wieder am BE zu Hause – auf und hinter der Bühne, das möge noch lange so bleiben!

Seinen 85. begeht am Sonnabend der Leipziger Gert Gütschow, bekannt als Prof. Keller aus »In aller Freundschaft« und aus dem Gewandhaus, wo er in jüngerer Zeit noch rezitierte. Neben der Theaterarbeit fand er immer wieder Zeit für Film und Fernsehen. Seine Hauptrollen in den Krimis »Leichensache Zernick« (1972) und »Klassenkameraden« (1984) sind in unauslöschlicher Erinnerung.

Der jüngste im Bunde dieser Woche ist der Görlitzer Wolfgang Winkler, der mit Gütschow zusammen Geburtstag hat, aber erst 70 wird. Der gelernte E-Lokführer hat auch im Leben gern etwas vorgegaukelt, beispielsweise, daß er gern zur NVA gehen würde, wenn er denn schon 18 wäre. Als er die Sondergenehmigung erhielt, mit 17 einrücken zu dürfen, hat er dumm aus der Wäsche geguckt. Wer mehr vom »Polizeiruf«-Star hören möchte, greife nach seinem Buch »Herbert & Herbert« aus dem Eulenspiegelverlag, in dem er auch seine Haßliebe zu Jaecki Schwarz erläutert.
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