18.02.2013 / Schwerpunkt / Seite 3

Hintergrund

Mieterbeiräte für Mitbestimmung

In zahlreichen kommunalen Wohnungsgesellschaften der Bundesrepublik existieren Mieterbeiräte. In München gibt es seit 1992 ein solches Gremium für die gesamte Landeshauptstadt, in Gießen sitzen Mietervertreter im Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Größte deutsche Mieterstadt ist Berlin mit rund 1,9 Millionen Wohnungen, wovon 1,63 Millionen Mietwohnungen sind. Von ihnen sind 72,2 Prozent Eigentum privater Vermieter, etwa 11,4 Prozent gehören Wohnungsbaugenossenschaften und 16,4 Prozent (269000 Wohnungen) den sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften. In ihnen wurden rund 120 Mieterbeiräte gewählt. Eine Reihe von ihnen drängt darauf, eine rechtlich fixierte Mitbestimmung insbesondere bei dem alle zwei Jahre erarbeiteten Mietspiegel zu erhalten. Ähnliches existierte bereits von 1986 bis 1996. Am 17. Januar 2012 wandten sich fünf Mieterbeiräte und eine Mieterinitiative der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE deswegen an den Petitionsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. Dessen Antwort vom Juni 2012 sprach den Mieterbeiräten ein Recht auf Mitwirkung an der Erstellung des Mietspiegels generell ab. Darauf wandten sich die Beiräte am 24. August 2012 in einem offenen Brief direkt an den Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller (SPD), der ihnen ebenfalls abschlägigen Bescheid geben ließ. Am 30. Januar schrieben die Mieterbeiräte erneut an Müller.

Im Brief vom 24. August 2012 wird in acht Thesen u.a. argumentiert: Nichts hindert daran, neben den Mieterverbänden interessierte Mieterbeiräte bei der Arbeit am Mietspiegel zu hören; die bisherige Praxis unter Ausschluß der Öffentlichkeit erweckt den Eindruck, »daß den Interessen der Vermieter und den haushaltspolitischen Erwägungen des Senats in weit höherem Maße Rechnung getragen werden als den Interessen der Mieter«; die behauptete Wissenschaftlichkeit des Mietspiegels ist schwer nachvollziehbar, einiges wirke »willkürlich und interessenbestimmt«; es kann nicht sein, daß bei der Ermittlung der Vergleichsmiete nur ausgewählte, für die Mietentwicklung »lukrative« Mietgruppen erfaßt werden; das Ausmaß der Mietsteigerungen liegt nachweislich über dem der ständig wachsenden Lebenshaltungskosten und übersteigt auch wesentlich die durchschnittlichen Einkommenszuwächse, die derzeitige Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete läßt einen gebührenden Ausgleich zwischen Vermieter- und Mieterinteressen vermissen und kann von Mieterseite nicht länger hingenommen werden.

Der gesamte Briefwechsel im Internet: www.mieterbeirat-fas.de/aktuelles/
https://www.jungewelt.de/artikel/196834.hintergrund.html