11.12.2012 / Schwerpunkt / Seite 3

Emanzipatorisch?

Aus einer Erklärung der Linksjugend [’solid] Hamburg zur Luxemburg-Liebknecht-Demonstration in Berlin:

Wir, die Linksjugend [’solid] Hamburg, distanzieren uns ausdrücklich vom Aufruf »Rosa & Karl«, den unsere Bundesorganisation gemeinsam mit den Falken, den Jusos, der DGB-Jugend, den Naturfreundejugend Berlin, den Jungdemokraten/Junge Linke Berlin und HaSchomer Hatzair Berlin unterzeichnet hat. Wir fordern alle Genossen von Linksjugend [’solid] auf, mit uns an der traditionellen LL-Demo am 13. Januar 2013 teilzunehmen und dort gemeinsam mit der außerparlamentarischen Linken der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch die Sozialdemokratie zu gedenken.

Emanzipatorisch? Karrieristisch und rechts. Manchmal – gar nicht so selten wie man vermutet – ist es bei den Kleinen wie bei den Großen: Unter dem Vorwand, sich von realen oder angeblich »stalinistischen« oder »maoistischen« Positionen distanzieren zu wollen, macht man es sich im Schoß der Herrschenden gemütlich. Schaut man genauer hin, kommt zusammen, was zusammen gehört. In der Linksjugend [’solid] betreiben maßgeblich die Nachwuchsfunktionäre der Emanzipatorischen Linken und des forum demokratischer sozialismus (fds) – auch wenn sie sich anders nennen oder offiziell nicht so auftreten – gemeinsam einen solchen Annäherungskurs an die offizielle Sozialdemokratie. Die Kipping-Jugend und der »BAK Shalom« kooperieren in vielen Bereichen vorzüglich – nicht nur postenorientiert, sondern zunehmend scheinbar auch in Fragen der politischen Positionierung.

Auch zwischen den genannten Strömungen bei Linksjugend [’­solid] und z.B. den Jusos oder den Naturfreunden sind die inhaltlichen Differenzen gar nicht allzu groß. Der LAK »Shalom« in Berlin rief mit den Naturfreunden gemeinsam zu Demonstrationen auf. Die Jusos Berlin forderten angesichts des jüngsten Gaza-Kriegs unverblümt »Solidarität mit Israel!« und gaben der Hamas die Schuld für den Konflikt, während der BAK »Shalom« erklärte, Gaza von der Hamas »befreien« zu wollen. Zudem befürworten die Berliner Jusos sogar einen Militärschlag gegen den Iran. Eine Forderung, die vom langjährigen Sprecher des BAK »Shalom« ebenfalls schon vor Jahren vertreten wurde. Mit der außenpolitischen Staatsräson brechen diese Nachwuchsparlamentarier ebensowenig wie mit dem ideologischen Erbe der SPD, deren rechte Protagonisten schon vor 1914 die »zivilisatorische« Wirkung der Kolonialpolitik gutgeheißen haben.

Aber auch die weitestgehend »antideutschen« Positionen des Aufrufs »Rosa & Karl« verdeutlichen, wohin die Reise politisch geht. Bankenkritiker, wie z.B. Oskar Lafontaine und Sahra Wagenkecht es sind, werden mit Rassisten und Faschisten gleichgesetzt, die die »faulen Griechen« für die derzeitige Krise des Kapitalismus verantwortlich machen. Kapitalismus wird nur abstrakt abgelehnt, das personalisierte Kapital, wie Josef Ackermann z.B., aber von jeder Verantwortung für sein Handeln freigesprochen. Marx wird von den Füßen auf den Kopf gestellt, damit man sich im Bestehenden bequem einrichten kann und sich bloß nicht mit dem Klassenkampf befassen muß, der von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Tag ein Tag aus propagiert wurde. (…)

www.linksjugend-solid-hamburg.de
https://www.jungewelt.de/artikel/193549.emanzipatorisch.html