07.11.2012 / Schwerpunkt / Seite 3

Rechtsrock für NSU-Beschuldigten

Während die Vorbereitungen für den NSU-Prozeß im Frühjahr 2013 in München auf Hochtouren laufen und täglich mit der Anklageschrift gegen die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe gerechnet wird, vertreiben Szenehändler bundesweit eine Solidaritäts-CD von 15 Neonazibands, von denen einige aus dem »Blood&Honour«-Spektrum stammen. Nach Informationen von Katharina König, Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses im Thüringer Landtag, soll der Erlös möglicherweise vollständig dem inhaftierten Neonazi Ralf Wohlleben zugute kommen. Nach Informationen der Linke-Politikerin erschien der Tonträger Anfang Oktober 2012 unter dem Titel »Sampler – Solidarität Vol. IV« und wird bundesweit von über einem Dutzend Versandhändlern vertrieben. Neonazis, darunter der Betreiber eines rechten Immobilienprojektes in Crawinkel, verbreiteten im Internet, der vollständige Erlös aus dem CD-Verkauf solle an den früheren NPD-Funktionär fließen, der neben Beate Zschäpe als einziger Beschuldigter im NSU-Verfahren noch in U-Haft sitzt. Ralf Wohlleben wird vorgeworfen, eine zentrale Rolle bei der Waffenbeschaffung des NSU gespielt zu haben.

»Wohlleben wird auch ein Jahr nach dem Auffliegen des NSU aus einem ähnlichen und teils selben Milieu unterstützt, wie einst das flüchtige NSU-Trio aus Jena«, stellt König fest. Unter den auf der CD vertretenen Bands sei nicht nur der ehemalige ›Landser‹-Sänger gelistet – die Thüringer Neonaziband SKD (»Sonderkommando Dirlewanger«, benannt nach einer SS-Einheit), die ebenfalls aus dem »Blood & Honour«-Spektrum stammen soll, habe Wohlleben sogar ein eigenes Solidaritätslied gewidmet und fordere darin seine Freiheit. Mitglieder der Band seien in der Vergangenheit durch Gewalttaten und Waffendelikte in Erscheinung getreten. In einem anderen Lied der Band heißt es: »Hängt sie auf die Volksverräter, an Laternen oder Baum. Es erwacht das Reich der Väter bald aus einem bösen Traum. Jagt das Pack … raus aus jedem deutschen Gau. Ausländerpack und Synagogen raus, raus, raus!«

»Nach derzeitigem Kenntnisstand erhielt der ›Nationalsozialistische Untergrund‹ (NSU) rund ein Kilo TNT-Sprengstoff durch das Blood & Honour-Netzwerk, welches sich ab Januar 1998 auch als Fluchthilfeorganisation erwies und den Weg dafür bereitete, daß die Neonazigruppe um Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe viele Jahre lang ungestört morden konnte«, erklärte Katharina König am Montag. (jW)
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