09.01.2012 / Schwerpunkt / Seite 3

Dokumentiert: »Rechtsstaat auf sächsisch«

Aus der Stellungnahme des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) vom 5. Januar zu den staatlichen Reaktionen auf die antifaschistischen Proteste in Dresden 2011:

(…) Das massive Vorgehen der sächsischen Allianz hat das Potential, bundesweit Schule zu machen. Sicherheitsbehörden anderer Länder und des Bundes werden die Vorgehensweise der Dresdner Strafverfolgungsbehörden sehr aufmerksam beobachten, um gegebenenfalls daraus ihre Schlußfolgerung zu ziehen. Dresden muß daher auch als Versuchslabor für das Vorgehen gegen soziale Bewegungen angesehen werden. (...)

1. Bei der Verfolgung antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher Aktivitäten gegen den ehemals größten Neonaziaufmarsch in Europa greifen die Strafverfolgungsbehörden systematisch zu offensichtlich rechtswidrigen Maßnahmen. (...)

2. Die zuständigen Sicherheitsbehörden und das sie unterstützende mediale und politische Spektrum spielen das Spiel der Neonazis. Den Beteiligten ist bewußt, daß sie mit ihrem Vorgehen alles dafür tun, den Neonazis wieder einen Aufmarsch zu ermöglichen. (...)

3. Die obrigkeitsstaatlich geprägten sächsischen Maßstäbe, die von der dortigen konservativen Allianz durchgesetzt werden, dürfen nicht Schule machen. Wie die Beispiele zeigen, stellen rechtsstaatliche Grundsätze nur eine sehr flexible Grenze für staatliche Macht und Willkür dar. Umso mehr folgt daraus, daß die Begrenzung und Einhegung staatlicher Macht in politischen Auseinandersetzungen täglich neu erkämpft werden muß.

4. Für den Aufmarsch 2012 in Dresden ist es umso wichtiger, daß Antifa, Zivilgesellschaft, Bürgerrechtler, Gewerkschaften, parteipolitische Organisationen und viele andere solidarisch zusammenwirken – denn es geht nicht nur um den Kampf gegen Neonazis, sondern auch um die Verteidigung von Freiheits- und Grundrechten sowie die Durchsetzung von legitimen Aktionen des zivilen Ungehorsams.

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