22.07.2011 / Inland / Seite 4
Wunsiedel beseitigt Heß-Grabstätte
Wunsiedel. Das Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß in
Wunsiedel ist aufgelöst worden. Die Grabstätte sei
»in einer nicht an die Öffentlichkeit gekommenen
Aktion« beseitigt worden, sagte Wunsiedels zweiter
Bürgermeister Roland Schöffel am Donnerstag der
Nachrichtenagentur AFP. »Damit hoffen wir auch, daß wir
den braunen Spuk nicht mehr hier haben«, fügte
Schöffel hinzu.
Neonazis hatten in der Vergangenheit immer wieder
Gedenkmärsche im bayerischen Wunsiedel abhalten wollen, was
aber zuletzt auch vom Bundesverfassungsgericht untersagt worden
war. Heß war 1946 bei den Nürnberger
Kriegsverbrecherprozessen zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Von 1966 an war er der einzige Insasse des
Kriegsverbrechergefängnisses in Berlin-Spandau. Am 17. August
1987 nahm er sich im Alter von 93 Jahren das Leben und wurde auf
seinen Wunsch in Wunsiedel beerdigt. Heß gilt in der
neofaschistischen Szene als Märtyrer.
Schöffel sagte, nicht nur zu besonderen Anlässen, sondern
quasi über das ganze Jahr hinweg hätten Menschen das Grab
von Heß aufgesucht. Laut Süddeutscher Zeitung vom
Donnerstag wurde die Grabstätte in der Nacht zum Mittwoch
zwischen vier und sechs Uhr morgens geöffnet, um die Gebeine
von Hess zu exhumieren. Schöffel zufolge entsprach dies dem
»Wunsch der Familie«. Im Oktober wäre der
Pachtvertrag für die Grabstätte ausgelaufen. Die Familie
habe erklärt, die Gebeine nun verbrennen und die Asche auf
offener See verstreuen zu lassen. (AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/167448.wunsiedel-beseitigt-heß-grabstätte.html