12.07.2011 / Abgeschrieben / Seite 8
Tatenlos
Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion
Die Linke, kritisierte am Montag in einer Presseerklärung mit
Blick auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage (17/6156) die
Bundesregierung:
Den wohlfeilen Worten anläßlich des 70. Jahrestages des
Überfalls auf die Sowjetunion folgen keine Taten: Eine
Entschädigung für sowjetische Kriegsgefangene lehnt die
Bundesregierung ab. In der Bundestagsdebatte zum 70. Jahrestag des
Überfalls haben alle Fraktionen zu Recht die unsäglichen
Verbrechen der deutschen Faschisten angeprangert. Dazu gehört
auch die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen. Doch die
Bundesregierung bleibt bei ihrer Haltung der
Entschädigungsverweigerung: Den Ausgleich für
Kriegsgefangenschaft sieht sie als eine
›Reparationsangelegenheit‹, die 66 Jahre nach dem
Ende des Zweiten Weltkrieges ›endgültig
erledigt‹ sei. Das ist ein Schlag ins Gesicht all jener
Opfer, die noch leben, und zeugt von unfaßbarem
Zynismus.
Anstatt einzuräumen, daß die sowjetischen
Kriegsgefangenen Opfer einer systematisch betriebenen, rassistisch
motivierten Vernichtung geworden sind – rund drei Millionen
haben die deutsche Haft nicht überlebt – , flüchtet
sich die Bundesregierung in die Floskel, sie seien
›häufig in einer Weise behandelt worden, die mit den
damaligen Regeln des humanitären Völkerrechts nicht
vereinbar waren‹. Daß Kriegsgefangene von den
Entschädigungsprogrammen für Naziopfer und Zwangsarbeiter
konsequent ausgeschlossen wurden, verteidigt sie noch heute. Die
Regierung will nicht einmal nach Möglichkeiten für
humanitäre Hilfen in Not befindlicher Überlebende suchen.
Dabei beruft sie sich auf einen sowjetischen Reparationsverzicht
aus dem Jahr 1953. Doch hier geht es nicht um Ansprüche, die
Regierungen erheben oder auf die sie verzichten könnten. Es
geht darum, daß das Leid, das die deutschen Faschisten
angerichtet haben, entschädigt wird – und zwar
gegenüber allen, denen Leid angetan wurde und deren Notlage
keineswegs ›endgültig erledigt‹ ist. Die Linke
wird sich bemühen, hierfür Mehrheiten im Parlament zu
finden.
https://www.jungewelt.de/artikel/166881.tatenlos.html