09.07.2011 / Aktion / Seite 16
Die junge Welt verteidigen
»Das Vorgehen des Verfassungsschutzes und der Ber liner
Justiz gegen die junge Welt betrachte ich als einen Angriff auf die
Pressefreiheit. Attacken dieser Art sind politisch motiviert und
sollen eine unbequeme Stimme letztlich zum Verstummen bringen. Ich
habe aus Solidarität mit der jungen Welt ein
Empört-Euch-Abo verschenkt.«
Gustav Adolf »Täve« Schur
Gewann als jeweils erster deutscher Fahrer die
Straßenradweltmeisterschaft der Amateure (1958 und 1959)
sowie die Friedensfahrt (1955 und 1959). 1989 wurde
»Täve« zum beliebtesten Sportler der
DDR-Geschichte gewählt.
Die junge Welt wird von der Berliner Justiz verfolgt. Weil sie bei
ihrer Leserschaft die Bereitschaft gefördert habe, die
verfassungsgemäße Ordnung und das friedliche
Zusammenleben der Bevölkerung zu untergraben, wie es
wörtlich heißt. Deshalb wurde jW-Chefredakteur Arnold
Schölzel am Donnerstag ein Strafbefehl in Höhe von 4800
Euro zugestellt.
Es geht um einen Artikel von Inge Viett (jW vom 4.1.11), um den die
junge Welt in Vorbereitung der Podiumsdiskussion »Wege zum
Kommunismus« im Rahmen der Rosa-Luxemburg-Konferenz gebeten
hatte. Viett meint dort: Das kapitalistische Gewaltmonopol sei
nicht naturgegeben. Wenn Deutschland beispielsweise Krieg
führe, sei das Abfackeln von Bundeswehrausrüstung eine
legitime Antikriegsaktion – wie Sabotage im Betrieb an
Rüstungsgütern, illegale Streikaktionen usw. Weil diese
Sicht der Dinge nicht jedem paßt, wird gegen Viett ermittelt
und gegen die jW ein Strafbefehl erlassen. Der Chefredakteur habe
seine Verpflichtung verletzt. Seit wann aber ist der verpflichtet,
Beiträge im Interesse bestimmter politischer, polizeilicher
und juristischer Kreise zu zensieren?
Die Berliner Staatsanwaltschaft fordert das nicht zum ersten Mal.
Vor einigen Monaten griff sie die junge Welt an, weil der
Stasi-Jäger Hubertus Knabe in einem Interview beleidigt worden
sei. Die Staatsanwaltschaft unterlag in allen Instanzen. Am 1.
März 2011 wurde der Geschäftsführer der jungen Welt
vorgeladen, weil in der jW-Berichterstattung zu den
Castortransporten eine »öffentliche Aufforderung zu
Straftaten« gesehen wurde. Am 29. März 2011 folgte eine
Vorladung für den Chefredakteur, diesmal wegen
»Belohnung und Billigung von Straftaten
(Presseinhaltsdelikt)«. Am 17. Juni wurde von Berliner
Behörden eine Kundgebung der NPD gezielt vor die
Verlagsräume der jungen Welt gelenkt. Nach Abzug der Nazis kam
es zu Übergriffen der Polizei unter anderem auf den
Geschäftsführer der jungen Welt. Auch hier wurden
juristische Konsequenzen angekündigt – von der
Polizei.
Wir wollen auch mit diesem Bericht die Bereitschaft fördern,
die verfassungsgemäße Ordung im Lande, in diesem Falle
die Meinungs- und Pressefreiheit, zu verteidigen. Begehen Sie Taten
wie das Bestellen oder Verschenken eines Empört-Euch-Abos und
spenden Sie für den Prozeßkostenfonds! Denn dieser Fall
wird vor Gericht verhandelt, wir haben Einspruch eingelegt. Verlag,
Redaktion, Genossenschaft
https://www.jungewelt.de/artikel/166794.die-junge-welt-verteidigen.html