02.07.2011 / Feuilleton / Seite 12

Nach Neuhardenberg

Das Örtchen Neuhardenberg in Brandenburg hat nicht nur das langweilige Schinkel-Schloß zu bieten, in dem beispielsweise Udo Lindenberg ausstellt und sich die Bundesregierung ab und an pr-tauglich einen Lenz erlaubt – nein, nein, nein, viel interessanter ist die Ausstellung des Künstlerzusammenschlusses »Endmoräne«. Der veranstaltet im abseits gelegenen ehemaligen Militärgelände, sozusagen in der Peripherie der Peripherie, eine sogenannte Sommerwerkstatt unter dem auch unter Landart-Perspektive voll einleuchtenden Titel »Abgeräumt+ Imbiß geplant+ Führungen ins Universum«. Sie ist noch an diesem und am nächsten Wochenende geöffnet. Es gibt »21 künstlerische Positionen auf 9000 Quadratmetern«. Früher forschten hier die Nazis an geheimen Rüstungsprojekten, später machte die NVA den Ort zum Garnisonsstandort, und nach 1989 rückte die Bundeswehr vor. Seit 2001 ist das Gelände privatisiert und in erster Linie so leer wie das Meer tief. »Es ist als ob verschiedene Raumkonzepte hier ineinander kippen, als ob der durch Geschichte und Identität geprägte Ort und die Leere des Nicht-Ortes in einer gleichsam stillgelegten Zeit sich berühren« schreibt Dorothée Bauerle-Willert im Katalog.

Das sieht dann so aus, daß die Künstlerin Susanne Ahner frisches Quellwasser in Gläser tropfen läßt. Trinkt man davon, so soll der »Geist frei und leicht« werden. Annette Munk betont die alten Beschriftungen in einem Trafohäuschen, sie lauten »Ein. Aus. Ein. Aus«. Für sie sind das »poetische Räume, partizipative Projekte«. Ka Bomhardt hat einen »botanischen Lehrpfad anhand von Pflanzensilhouetten« angelegt, um die »Geschwindigkeit der Pflanzen« zu untersuchen. Monika Funke Stern merkt an: »Schade, daß Beton nicht brennt. Muß er ja nicht. Er verfault von selber« – sie hat eine Pietà errichtet. Claudia Busching nennt ihre Installation »Ja, aber«, denn »ich kapituliere, sammle die Einfälle und Beobachtungen in einem Buch und lasse das Gelände in Ruhe«. (jW)
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