21.05.2011 / Aktion / Seite 16
Ebenso toll
Warum wegen neuer Aufgaben der Bundeswehr die Rente mit 69 nötig wird. Und wie mit mehr Abonnements mehr Positives in die junge Welt gelangt
Dietmar Koschmieder
Schrecklich, was auf den Titelseiten der Tageszeitungen am
Donnerstag, 19. Mai 2011 gemeldet wurde. Die Berliner Zeitung
berichtet über Massenproteste gegen die NATO in Afghanistan,
wobei mindestens zehn Menschen getötet wurden. Von verletzten
deutschen Soldaten liest man da. Daß sie in die Menge
geschossen haben sollen, erfährt man aber erst auf Seite acht.
Den Platz auf der Titelseite braucht man, um ausführlich
über »neue Aufgaben der Bundeswehr« zu berichten.
Kräftezehrende Auslandseinsätze zur Sicherung von
Rohstoffversorgung und freien Handelswegen wie jenen in Afghanistan
seien in Zukunft der Normalfall. Weil man künftig nicht nur
mit deutschen Waffen, sondern auch verstärkt mit deutschen
Soldaten »dem Frieden in der Welt« dienen wolle, so der
deutsche Friedensminister de Maizière. Und weil man Geld
nicht gleichzeitig für Krieg und Soziales ausgeben kann,
empfehlen die sogenannten Fünf Wirtschaftsweisen die Rente mit
69, um die Sozialkassen zu entlasten. So steht es neben dem
Bundeswehrbericht. Und gleich darunter: »Modern Talking sind
wieder da! Ohne Dieter Bohlen, aber ebenso toll«.
Sieht man mal von den tollen Sangesbrüdern ab, standen diese
Themen an diesem Tag auch auf der Titelseite der jungen
Welt. Aber Gewichtung, Einordnung, ja selbst die
Kerninformationen und im weiteren Verlauf der Zeitung die
Kommentierung sind völlig anders. An diesem Beispiel lassen
sich zwei Dinge verdeutlichen: Zum einen, warum immer mehr Menschen
in der jungen Welt eine Alternative zu den bürgerlichen
Medien und deren Begleitmusik zu den Angriffen auf soziale und
demokratische Rechte sehen. Zum anderen, warum die junge
Welt um schlechte Nachrichten nicht herumkommt und manchmal die
scheinbar positiven lieber wegläßt. Gerade Probeleser
kritisieren deshalb immer wieder, daß die junge Welt
gelegentlich aufs Gemüt drückt. Leider gibt es aber im
Moment nicht viel über originellen und erfolgreichen
Widerstand im Inland zu berichten. Auch deshalb blicken wir
übrigens mehr als andere Zeitungen ins Ausland.
Wobei wir schon beim nächsten Problem der Donnerstagausgabe
wären: Weder Berliner Zeitung noch die junge Welt
würdigten ausreichend die neue Protestwelle, die Spanien
erfaßt hat. Zigtausende demonstrierten in vielen Städten
gegen Sozialraub und undemokratische Politik. Aber durch den
Agenturen und andere Quellen, über die wir verfügen, wird
nicht anständig darüber berichtet. Hier wird eine
Schwachstelle deutlich, die mit der Weiterentwicklung der jungen
Welt überwunden werden soll: Bessere journalistische
Kontakte sollen aufgebaut werden. Und die Möglichkeit,
über das Internet unsere Leserinnen und Leser über
wichtige Ereignisse vor und nach Redaktionsschluß informieren
zu können. Aber diese Pläne können nur realisiert
werden, wenn wir über mehr Abonnements verfügen. Deshalb
werben wir im Moment verstärkt Internetabos ein – und
konnten allein in dieser Woche 49 Interessenten dafür
gewinnen. Es dürfen nicht nur gern ein paar hundert mehr sein
– es hilft auch jedes neue Printabo.
Beides ist eine gute Investition in eine noch bessere Tageszeitung.
https://www.jungewelt.de/artikel/164277.ebenso-toll.html