18.05.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Hintergrund: Unbefristete Überwachungsgesetze
Je nach Zählung wurden seit 2001 zwischen 50 und 100
»Antiterrorgesetze« verabschiedet. Für die meisten
von ihnen ist keinerlei Befristung vorgesehen. Das gilt etwa
für das BKA-Gesetz, das mit der Online-Durchsuchung und
weiteren Befugnissen zur heimlichen Ausspähung (etwa
Videoüberwachung in Wohnräumen) geheimdienstähnliche
Befugnisse erhielt, von denen es weit im Vorfeld angenommener
Straftaten Gebrauch machen kann.
Durch mehrere Maßnahmen wurde das als Lehre aus dem
Faschismus geltende Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten
unterlaufen: So sind im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) in
Berlin sämtliche Länder- und
Bundessicherheitsbehörden sowie einige ausländische
Dienste versammelt und tauschen dort in direktem Kontakt ihre
Erkenntnisse aus. Zudem haben 38 Sicherheitsdienste Zugriff auf die
sogenannte Antiterrordatei.
Zu nennen ist außerdem der Paragraph 129b StGB, der sich
gegen sogenannte terroristische Vereinigungen im Ausland »mit
Bezug zu Deutschland« richtet. Mit diesem Paragraphen werden
vorrangig Widerstandshandlungen gegen Bundeswehrtruppen in
Afghanistan verfolgt, er kann aber auch Unterstützer
ausländischer Befreiungsbewegungen und linker Organisationen
treffen, die in Deutschland bislang legal aktiv waren. So wird
mittlerweile von einigen Sicherheitspolitikern auch gefordert, in
der BRD wirkende PKK-Strukturen mit dem Terrorparagraphen zu
verfolgen. Die Anschuldigungen beruhen häufig auf dubiosen
Geheimdienstquellen und auf Beschuldigungen, die unter Folter in
Ländern wie der Türkei oder Pakistan erpreßt
wurden.
Die Terrorparagraphen 89a und 91 pönalisieren sogenannte
Vorbereitungshandlungen für schwere
»staatsgefährdende Straftaten« lange vor der
Planung oder Begehung einer solchen Tat. Gemeint ist unter anderem
eine Guerillaausbildung in sogenannten Terrorcamps oder das
Verfügbarmachen von Bombenbauanleitungen.
(uj)
https://www.jungewelt.de/artikel/164129.hintergrund-unbefristete-überwachungsgesetze.html