Hoffnung dank Schlecker
Anton Kobel liefert auch im zweiten Teil seiner Serie zur Situation
im Einzelhandel im aktuellen Express eine Vielzahl interessanter
Details. Schwerpunkt der Darstellung ist die Lage der
Gewerkschaften in der Branche, die nicht nur aufgrund der
kleinbetrieblichen Struktur schwierig ist. Der Autor erklärt:
»Die relative Schwäche – nur ca. zehn Prozent
durchschnittlicher Organisationsgrad in der Branche, nur wenige mit
über 50 Prozent organisierte Belegschaften – wurde
›hausgemacht‹ verstärkt. Von den
gewerkschaftlichen Spitzen gab es, mit wenigen Ausnahmen, keine
ernsthafte Bereitschaft, die durch die verschiedenen Formen des
Struktur- und betrieblichen Formatwandels entstandenen Probleme
theoretisch/analytisch und vor allem praktisch
anzugehen.«
Entsprechend verschlechterten sich die materiellen Bedingungen der
Beschäftigten. Während das nominale Tarifniveau im ersten
Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts in der Gesamtwirtschaft um 18,8
und in der Metallindustrie um 23 Prozent zulegte, waren es im
Einzelhandel gerade mal 15,5 Prozent. Einen Hoffnungsschimmer sieht
der Autor in den Erfahrungen bei Schlecker. Dort hatte die
ver.di-Vorläuferorganisation HBV Mitte der 1990er Jahre mit
der gewerkschaftlichen Organisierung und Durchsetzung von
Tarifstandards begonnen, was sich auf die Kampffähigkeit der
Schlecker-Verkäuferinnen bis heute positiv auswirkt.
(jW)
Express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und
Gewerkschaftsarbeit, Nr. 10-3-4/2011, 20 Seiten, 3,50 Euro.
www.labournet.de/express
Staat als Arbeitgeber
In der empirischen Arbeitsmarktforschung spielt der Staat als
Arbeitgeber eine eher untergeordnete Rolle. Dabei beschäftigt
der öffentliche Dienst nicht nur insgesamt 4,5 Millionen
Menschen, sondern unterscheidet sich auch in vielerlei Hinsicht von
den Arbeitsbeziehungen in der Privatwirtschaft – zum Beispiel
durch die Trennung von Tarifbeschäftigten und Beamten, den
hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad, die deutlich
größere Tarifbindung und weitere Verbreitung von
betrieblichen Interessenvertretungen. Vor diesem Hintergrund sind
die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst – trotz
der Ökonomisierungs- und Privatisierungstendenzen – eher
besser als in der Privatwirtschaft, wie die IAB-Experten Peter
Ellguth und Susanne Kohaut im aktuellen Heft der Fachzeitschrift
Industrielle Beziehungen nachweisen. (jW)
Industrielle Beziehungen – Zeitschrift für Arbeit,
Organisation und Management. Jg. 18, Heft 1-2/2011, Hampp Verlag,
Jahresabo (vier Ausgaben): 80 Euro