10.05.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Kunterbunt statt Olivgrün
Die Werbetätigkeit der Bundeswehr mit Hilfe von Sportevents
stößt zunehmend auf Kritik. Ulla Jelpke, innenpolitische
Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linkspartei, fordert ein Ende
der Armee-Werbung bei der »Schul-Liga«: »Die
Bundeswehr unterwandert eine friedliche Sportveranstaltung, um neue
Rekruten anzulocken«, so Jelpke.
Professor Fabian Virchow, Politikwissenschaftler an der
Fachhochschule Düsseldorf und Autor zahlreicher
Buchbeiträge über die Jugendsportevents der Bundeswehr,
kritisiert: »Die Sportbegeisterung junger Menschen wird
benutzt, um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen für eine
Tätigkeit zu gewinnen, wo Sport lediglich Mittel zum Zweck
ist, denn von Soldatinnen und Soldaten wird erwartet, daß sie
körperlich fit sind, um im Einsatz bestehen zu
können.« Die Sportevents unterscheiden sich laut Virchow
kaum von anderen Rekrutierungsveranstaltungen der Bundeswehr. Auch
beim »Bw-Beachen« sei »von den möglichen
Folgen militärischen Handelns – eigene Verwundung oder
gar Tod und das Töten anderer Menschen – nicht ernsthaft
die Rede.« Auch Sascha Stoltenow, der zwölf Jahre bei
der Bundeswehr tätig war und heute Reserveoffizier sowie
Kommunikationsberater ist, schreibt über
»Bw-Beachen« auf seinem »Bendler-Blog« im
Internet kritisch: »Wer junge Menschen derart unernst
anspricht, hat nicht verstanden, worum es beim Soldatsein geht. Die
Bundeswehr versucht, vorsätzlich über die Realitäten
des Soldatenberufs zu täuschen. Sie lügt, und diese
Lüge wirkt auch nach Innen, denn auch die aktiven Soldaten
müssen sich durch diese Art von Werbung verhöhnt
fühlen.«
Mit kunterbunten Funsportevents wie der »U21 Bundeswehr
Schul-Liga« und dem »Bw-Beachen« sollen
Jugendliche in die Armee gelockt werden. Wenn sie erst einmal
unterschrieben und die olivgrüne Einsatzrealität erlebt
haben, können sie auch nicht so einfach wieder raus. Die
Bundeswehr ist eben kein »normaler Arbeitgeber«, wie es
die Bundesregierung oft weismachen will. Das Vorgehen der Armee bei
der Nachwuchswerbung zeigt, wie verzweifelt die Bundeswehr schon
heute um neues Personal ringt – die Methoden sind skrupellos.
(msvg)
https://www.jungewelt.de/artikel/163651.kunterbunt-statt-olivgrün.html