03.05.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Dokumentiert
Kein Triumph
Zum Tod von Osama bin Laden erklärt der
Bundesausschuß Friedensratschlag:
Wir können in die Triumphgesänge von US-Präsident
Obama, Kanzlerin Merkel und NATO-Generalsekretär Rasmussen
nicht einstimmen. Alle drei feiern den Tod Osama bin Ladens als
»Erfolg für alle Menschen« (US-Botschafter
Murphy), als »Erfolg für die Sicherheit der
NATO-Alliierten« in Afghanistan (Rasmussen) und als
»Erfolg für die Kräfte des Friedens« (Angela
Merkel). Wenn die Tötung eines Menschen, wie groß auch
seine Verbrechen sein mögen, von westlichen Politikern mit
»Erleichterung« aufgenommen und gefeiert wird, begeben
sie sich auf das Niveau derjenigen Terroristen, denen ein
Menschenleben nichts wert ist.
Aus vier Gründen wollen wir dem Jubel ausdrücklich
widersprechen:
1) Wegen des Attentats vom 11. September 2001, dessen Urheberschaft
Osama bin Laden zugeschrieben wird, wurde ein nun schon fast zehn
Jahre dauernder Krieg in Afghanistan angezettelt. Diesem Krieg ist
ein Vielfaches von Menschen zum Opfer gefallen, als damals beim
Anschlag auf das World Trade Center ums Leben kamen. Der von
US-Präsident Bush angeordnete Rachefeldzug ist in seiner
Wirkung monströser ausgefallen als das
Terrorattentat.
2) Von mehr »Sicherheit«, wie Merkel fabuliert, kann
doch keine Rede sein – weder in Afghanistan noch in Pakistan.
Und auch in anderen Ländern haben sich Terrororganisationen
während des zehnjährigen »Krieges gegen den
Terror« weiter verbreitet und zahlreiche Regionen
destabilisiert. Ein Ende dieser Entwicklung ist mit der
Ausschaltung einer terroristischen Führungsperson nicht zu
erwarten.
3) Der Tod eines Topterroristen ist nie eine gute Lösung.
Gerade wenn man an Aufklärung über terroristische
Netzwerke und Aktivitäten interessiert ist, wäre ein
lebender bin Laden wertvoller als ein toter.
4) 2011 bestand als wesentliches Ziel des Afghanistan-Krieges die
Gefangennahme bin Ladens. Nun, nach seinem Tod, ist ein Hauptgrund
für den Krieg entfallen. Zeit also, ihn sofort zu beenden!
Leider ist davon in keiner Regierungsstellungnahme die Rede.
https://www.jungewelt.de/artikel/163288.dokumentiert.html