Der Präsident der International Progress Organization,
einer in Wien ansässigen Nichtregierungsorganisation,
übersandte am 26. März dem Präsidenten des
Sicherheitsrats und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen
ein Memorandum über die Sicherheitsratsresolution 1973 (2011)
und ihre Umsetzung durch eine »Koalition der Willigen«.
Darin heißt es:
Um dem Erfordernis von Artikel39 der Charta zu entsprechen, hat der
Sicherheitsrat festgestellt, daß die »Situation«
eines innerstaatlichen Konflikts in Libyen eine Bedrohung des
internationalen Friedens und der Sicherheit darstellt. In
Verletzung von Artikel 42ff. der Charta über die kollektive
Durchsetzung von Beschlüssen durch den Sicherheitsrat selbst,
ermächtigen die operativen Paragraphen 4 und 8 der Resolution
alle Mitgliedstaaten, einzeln oder durch regionale Organisationen
oder Abmachungen, zum Schutz von Zivilisten und zur Durchsetzung
einer sogenannten »Flugverbotszone« im Luftraum von
Libyen »alle notwendigen Maßnahmen« zu
ergreifen.
Es ist offensichtlich, daß die Übertragung praktisch
unbeschränkter Vollmachten an interessierte Parteien und
regionale Gruppen – wie seit den Golf-Kriegsbeschlüssen
von 1990/1991 üblich – nicht nur mit der Charta der
Vereinten Nationen, sondern mit dem internationalen Recht an sich
nicht vereinbar ist. (...)
In Übereinstimmung mit der Tendenz des Sicherheitsrats seit
dem Ende des Kalten Krieges, sich Vollmachten anzumaßen, die
ihm in der Charta nicht gegeben sind, und sein Mandat als globaler
»Verwalter von Rechtsprechung« zu erweitern, scheint
die Resolution 1973 (2011) den Handlungsspielraum auf der Grundlage
von Kapitel VII weiter vergrößert zu haben und damit
auch den Schutz der Zivilbevölkerung in innerstaatlichen
Konfliktsituationen einzuschließen. Doch wenn der Rat danach
strebt, ein Vollstrecker von Rechten und ein Schiedsrichter in
innerstaatlichen Konflikten zu sein, muß er sich an die
grundlegenden Prinzipien der Herrschaft des Rechts halten,
zuallererst die Ausschaltung von Willkür bei der Durchsetzung
des Rechts. Solange er Mitgliedstaaten ermuntert, so zu handeln,
wie es ihnen beliebt, und ihnen erlaubt, ihre eigenen nationalen
Interessen in der Verkleidung von Vollstreckungsverfahren im Namen
der Vereinten Nationen voranzutreiben, wird die Praxis des
Sicherheitsrats selbst eine Bedrohung des internationalen Friedens
und der Sicherheit darstellen. (...)
Das Original im Internet: i-p-o.org/IPO-nr-UN-Libya-28Mar.htm
(Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von
Raussendorff)