31.03.2011 / Inland / Seite 4
Karlsruhe stärkt Demonstrationsrecht
Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von
Demonstranten bei Sitzblockaden gestärkt. Solche Aktionen sind
dann keine strafbare Nötigung, wenn die politischen Ziele der
Demonstranten die von der Blockade ausgehende Gewalt
überwiegen, entschied das Gericht in Karlsruhe in einem am
Mittwoch veröffentlichten Beschluß (AZ: 1 BvR
388/05).
Die Verfassungshüter hoben damit die Verurteilung eines Mannes
auf, der im März 2004 an einer Sitzblockade vor einem
Stützpunkt der US-Luftwaffe bei Frankfurt am Main teilgenommen
hatte, um gegen den drohenden Irak-Krieg zu protestieren.
Frankfurter Richter hatten die Blockade von mehreren
Armeefahrzeugen als »verwerflich« bezeichnet, weil sie
»Aufmerksamkeit« erregen sollte, und den Mann zu einer
Geldstrafe von 450 Euro verurteilt. Karlsruhe kehrte diese
Argumentation nun um: Erst durch die Erregung öffentlicher
Aufmerksamkeit für politische Belange werde eine Sitzblockade
zu einer schützenswerten Versammlung. Teilnehmer dürfen
deshalb nicht von vornherein wegen Nötigung verurteilt werden.
Dies ist den Verfassungshütern zufolge erst zulässig,
wenn die von der Aktion ausgehende Gewalt mit Blick auf ihre
Ziele unverhältnismäßig groß wird. (AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/161650.karlsruhe-stärkt-demonstrationsrecht.html