24.03.2011 / Feuilleton / Seite 13
Opitz tot
Robert Allertz
Es war Peter-Michael Diestels 50. Geburtstag, und unter den
Gratulanten war auch Exkanzler Helmut Kohl, der, inzwischen bar
aller Ämter und von seinen CDU-Freunden wie die Pest gemieden,
jeglichen Anlaß nutzte, um öffentlich in Erscheinung zu
treten. So kreuzte er denn also in Diestels Potsdamer Kanzlei im
Februar 2002 auf. Unter den Gästen waren auch einige ehemalige
Generäle des MfS, die soeben ein zweibändiges Werk
über die Abwehrarbeit herausgebracht hatten, zu dem Diestel in
seiner Eigenschaft als ehemaliger Vizepremier und Innenminister der
DDR das Vorwort verfaßt hatte.
Unter den Gratulanten der vormals bewaffneten Organe war auch Willi
Opitz, Mitherausgeber dieses Zweibänders. Als Kohl kam,
wollten die Exgeneräle sich zum Exkanzler gesellen, doch
dieser – ausgestattet mit einem feinen Näschen fürs
Pikante – muß wohl geahnt haben, daß nicht
Eitelkeit der Anlaß solchen Drängens war. Deshalb mied
er jede Kamera, die ihn in solcher Runde zeigte. Opitz nahm Kohls
Finte mit der ihm eigenen Gelassenheit. Er kannte sich mit derlei
Petissen aus, er war länger im Geschäft als Kohl.
Jahrgang 1928, war er mit 17 der KPD beigetreten, mit 19 der
Volkspolizei, mit Anfang 20 dem MfS. Er war keine dreißig,
als er als Lehrer an der Juristischen Hochschule zu arbeiten
begann. Und nebenbei studierte er an der Deutschen Akademie
für Staats- und Rechtswissenschaft und später an der
Humboldt-Universität. Er wurde Diplomjurist und war von 1985
bis zu deren Ende Rektor der Juristischen Hochschule des MfS in
Potsdam. Am 20. März ist der Generalmajor a. D. nach langer
Krankheit in Potsdam verstorben. Gäbe es das Foto mit Kohl,
würde es jetzt bestimmt in mancher Redaktion hervorgekramt
worden sein. So bleiben uns nur die Geschichte und die Erinnerung
an einen aufrechten Mann
https://www.jungewelt.de/artikel/161272.opitz-tot.html