22.03.2011 / Inland / Seite 4
Studenten unruhig in Berlin
Hochschulverband der Linken ruft zu Protesten gegen geplantes Hochschulgesetz
Studenten und Gewerkschafter kritisieren die geplante Novelle des
Berliner Hochschulgesetzes. Der Anfang März vom
SPD-Linke-Senat beschlossene Entwurf sieht die Einführung
reiner »Lehrprofessuren« und die zeitliche
Zusammenlegung von Prüfungen in den
Bachelor-Studiengängen vor.
Kritisiert wird insbesondere die Einführung von
»günstigen Lehrprofessuren«. Die Maßnahme
würde »eine klare Verschlechterung von Löhnen,
Arbeitsbedingungen und Berufsperspektiven für das Lehrpersonal
nach sich« ziehen, heißt es in einer am Wochenende
verbreiteten Erklärung des »Aktionsbündnisses
Hochschulgesetznovelle«. Das Bündnis ruft die Berliner
Studierenden dazu auf, auf dem Parteitag der Berliner Linkspartei
am kommenden Sonntag »Druck auf die
Regierungsvertreter« auszuüben. Weitere Aktionen und
Vollversammlungen seien für April geplant.
Der parteinahe Studierendenverband Die Linke.SDS rief am Montag zum
»Widerstand gegen das neue Hochschulgesetz des Berliner
Senates« auf. Das Vorhaben solle »mit Anträgen und
Protesten auf dem Landesparteitag der Linken vorerst ausgebremst
werden«, hieß es. Das Gesetz würde »die
ohnehin schwierige Situation in den neuen Studiengängen«
weiter verschärfen. In den vergangenen Jahren hätten auch
in Berlin Zehntausende Schüler und Studenten gegen die
Mißstände an Hochschulen und Schulen gestreikt und
demonstriert. »Weitere Verschlechterungen, wie sie das neue
Hochschulgesetz vorsieht, provozieren ein erneutes Aufflammen der
Proteste.«
Ähnlich äußerte sich ver.di. Nach Auffassung der
Gewerkschaft sieht der Entwurf des Gesetzes eine ganze Reihe
Verschlechterungen vor. »Die Vermutung liegt nahe, daß
der zu erwartende Ansturm auf die Berliner Hochschulen mit
möglichst geringem Personalaufwand durch erhöhte
Lehrverpflichtungen aufgefangen werden soll«, erklärte
ver.di am Montag. Wie dies zu höherer Studienqualität
führen könne, bleibe »rätselhaft«. Es
sei zu erwarten, daß sich die neuen Personalkategorien zur
»Karrieresackgasse« für Wissenschaftler
entwickeln. Bis jetzt habe der Berliner Senat »jedenfalls
noch keinen Weg aufgezeigt, wie mehr unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen
möglich werden könnten«, kritisiert die
Gewerkschaft.
Studentische Beschäftigte sollen künftig nur noch
Verträge über »mindestens zwei Semester«
erhalten– statt der bislang üblichen vier. Einen
überzeugenden Grund habe der Senat dafür nicht vorlegen
können. Ver.di lehne »diese Prekarisierung der
Beschäftigungsverhältnisse an den Berliner
Hochschulen« ab. Die Gewerkschaft forderte die Abgeordneten
der regierenden Fraktionen von SPD und Linke auf, die Novelle in
der vorliegenden Form nicht zu beschließen. Der Entwurf gehe
»systematisch an den Bedürfnissen der Beschäftigten
und Studierenden vorbei«. Die »rot-rote«
Koalition sei »gut beraten, diese Kritik ernst zu nehmen und
die Novelle zu überarbeiten«.
(jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/161175.studenten-unruhig-in-berlin.html