19.02.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Buchmesse: Diesmal ohne Ehrengäste
Die 20. und damit Jubiläumsausgabe der Internationalen
Buchmesse in Havanna ist wie ihre Vorgänger ein
Publikumsmagnet. Zehntausende schoben sich durch die Wege und
Gänge der alten Festung »La Cabaña«
über dem Hafen und der Altstadt der kubanischen Hauptstadt.
Auch wenn es zumindest an den Wochentagen wohl etwas weniger
Besucher gewesen sein mögen als im Vorjahr, ist von einem
Nachlassen des Interesses nichts zu spüren. Enttäuschend
war lediglich die Beteiligung der als diesjährige
Ehrengäste eingeladenen Mitgliedsländer der Bolivarischen
Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA).
Verglichen mit dem vergangenen Jahr, als Rußland Ehrengast
der Buchmesse gewesen war, nehmen sich die bescheidenen Stände
von Venezuela, Bolivien, Ecuador und den kleinen Karibikstaaten
mager aus. Nicaragua glänzt sogar ganz durch Abwesenheit.
Rußland war demgegenüber 2010 in einer großen
Halle mit zahlreichen Verlagen vertreten, eine Fotoausstellung
erinnerte an die Beziehungen Kubas zu Rußland bzw. zur
Sowjetunion.
Waren im vergangenen Jahr der russische Außenminister Sergej
Lawrow und Kubas Präsident Raúl Castro persönlich
zur Eröffnungsfeier erschienen, fehlten »große
Namen« aus den Gastländern diesmal. Kein Hugo
Chávez, kein Rafael Correa, kein Evo Morales ist zur
Buchmesse in Havanna gereist, und auch Raúl Castro
ließ sich diesmal von Parlamentspräsident Ricardo
Alarcón vertreten. Die berühmteste Politikerin in
Havanna war so in diesen Tagen zweifellos die
Menschenrechtsaktivistin Rigoberta Menchú aus
Guatemala.
Auch im Veranstaltungsprogramm der Buchmesse ist ALBA
merkwürdig dünn geblieben. Neben Kuba sind es vor allem
Verlage und Organisationen aus Argentinien, das bezeichnenderweise
kein ALBA-Mitglied ist, die ihre Veröffentlichungen anbieten
und mit kulturellen Veranstaltungen präsent sind.
Hauptpersonen der Messe sind aber auch in diesem Jahr die Kinder,
die mit ihren Eltern oder als ganze Schulklassen die Festung
stürmen. Auf den Mauern sitzen sie dann stolz mit ihren
Neuerwerbungen beim Schmökern, oder hocken auf dem
grasbewachsenen Boden des Burggrabens beim Picknick. Zahlreiche
Getränke- und Essensstände haben hier ihre Zeltplanen
aufgeschlagen und bieten Hühnchen, Schweinefleisch und den
unvermeidlichen Reis mit Bohnen an.
(scha)
https://www.jungewelt.de/artikel/159550.buchmesse-diesmal-ohne-ehrengäste.html