05.02.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Reaktionen: »US-Militärhilfe hat sich gelohnt«
Während die Bundesregierung am Freitag Rüstungsexporte
nach Ägypten vorerst stoppte, warnte US-Generalstabschef
Michael Mullen vor einer »voreiligen Einfrierung« der
Militärhilfe seines Landes. Er warne vor jeder Maßnahme,
solange keine Klarheit herrsche, was geschehe, sagte Mullen in
einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC am Freitag. Zwar sei
es nicht an ihm, über die Einfrierung der Militärhilfe zu
entscheiden, doch würde er gerne die Ereignisse besser
verstehen, bevor er eine solche Entscheidung treffe. Der Admiral
betonte, daß die US-Militärhilfe in Höhe von
jährlich 1,3 Milliarden Dollar eine »lohnende
Investition« gewesen sei. Die Hilfszahlungen hätten den
USA erlaubt, eine sehr starke Beziehung mit der ägyptischen
Armee aufzubauen.
Sein Chef, US-Präsident Barack Obama, soll sich
Presseberichten zufolge verärgert über den Geheimdienst
seines Landes geäußert haben, weil der nicht vorausgehen
habe, daß die Demonstrationen in Tunis zum Sturz von
Präsident Zine El Abidine Ben Ali führen würden.
Führende Senatoren des Geheimdienstausschusses stellten die
Frage, wann Obama informiert und was ihm vor den Aufständen
gesagt wurde. »Diese Ereignisse hätten für uns
nicht so überraschend kommen dürfen, wie es der Fall
war«, sagte die Ausschußvorsitzende, die demokratische
Senatorin Dianne Feinstein, in einem Interview. Da die
Demonstranten das Internet und andere soziale Medien für die
Organisation ihrer Proteste nutzten, hätte es Kenntnis
darüber geben müssen. Der Vorsitzende des
Geheimdienstausschusses im Abgeordnetenhaus, der Republikaner Mike
Rogers, sagte dagegen, es sei unrealistisch, von den Geheimdiensten
zu erwarten, daß sie die Vorgänge in beiden Ländern
hätten voraussehen müssen. Man müsse ihre Grenzen
realistisch einschätzen, »insbesondere im Hinblick auf
das komplexe und interaktive Verhalten von Millionen
Menschen«, sagte er.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnte unterdessen
vor »dramatischen Folgen für die globale
Sicherheit« durch die Proteste in Ägypten, Tunesien und
im übrigen Nahen Osten. »Es gibt tektonische
Plattenverschiebungen. Heute steht nicht nur die Weltwirtschaft,
sondern die Weltordnung auf dem Spiel«, sagte Rasmussen am
Freitag auf der sogenannten Sicherheitskonferenz in München.
Es sei nicht klar, wie die »Unruhen« ausgehen werden
und was die langfristigen Konsequenzen für die Welt sind,
sagte Rasmussen. Der NATO-Generalsekretär forderte deshalb die
europäischen Mitgliedstaaten des transatlantischen
Militärpakts auf, mehr Geld für das Militär
auszugeben.
(AFP/dapd/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/158764.reaktionen-us-militärhilfe-hat-sich-gelohnt.html