25.01.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Berlin gegen Lötzsch?
Allen Alarmrufen in Bundestag und Boulevardmedien zum Trotz,
wirklich ausgeprägt scheint die Angst vor dem Kommunismus in
Berlin nicht zu sein. Zwar schlagzeilte die Hauptstadt-BZ tapfer
»Berlin demonstriert gegen Lötzsch«.
Tatsächlich brachte die CDU dieser Tage gerade mal 20
Anhänger zu einer groß angekündigten Demonstration
gegen die Linke-Chefin und den Kommunismus auf die Straße.
Etwa viermal so viele junge Antifaschisten machten sich über
das Spektakelchen lustig (siehe jW vom 24. Januar).
Die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld meldet
dazu in ihrem Internetblog: »Die Ortsgruppe der CDU
Berlin-Lichtenberg hatte am Sonnabend, den 22.1., zu einer
Demonstration im Wahlkreis von Linke-Chefin Lötzsch
aufgerufen, unter dem Titel: ›Kommunismus – ohne uns,
Frau Lötzsch‹. (…) Kaum hatten sich die
CDU-Demonstranten versammelt, tauchten junge Leute auf, die sich
mit ihren Schildern vor sie stellen. ›Marx, Engels, Lenin,
Lötzsch‹, stand auf einem, ›Kein Gulag im
Spreewald‹, auf einem anderen,
›Mindestlohn=Kommunismus‹ auf einem dritten.
(…) Als die Aktivisten kamen, die später aufgestanden
waren, wurde es ungemütlich. Einige hatten sich für die
erwartete Konfrontation mit der CDU schon Mut angetrunken, andere
holten das an Ort und Stelle mit Bier, Wein und dem
kapitalistischsten aller Getränke, Sekt, nach. Im Falle des
Falles hätte man schmerzhafte Wurfgeschosse in der Hand
gehabt. Mit dem Alkoholpegel stieg die Agressivität.
Sprechchöre, Beschimpfungen, Schmähungen. Die
Demonstranten sollten zu einer Reaktion provoziert werden.
(…) Glücklicherweise ließ sich von uns niemand
aus der Ruhe bringen. Wir hatten uns vorgenommen, die Antifas,
egal, was sie verbal veranstalten, einfach anzulächeln.
Irgendwann wurden wir von der Polizei für unsere Besonnenheit
gelobt. (…)«
https://www.jungewelt.de/artikel/158076.berlin-gegen-lötzsch.html