25.01.2011 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15
Vergleiche mit Nazis riskant
Frankfurt/Main. Wer die Zustände an seinem Arbeitsplatz mit
denen des Naziregimes vergleicht, kann fristlos gekündigt
werden. Dies hat das Hessische Landesarbeitsgericht nach Mitteilung
vom Mittwoch vergangener Woche in einem Rechtsstreit
entschieden.
Ein 47 Jahre alter Fahrzeugführer hatte nach über 30
Jahren Tätigkeit für seinen Arbeitgeber von diesem eine
Kündigung bekommen und dagegen geklagt. Im Kammertermin vor
dem Arbeitsgericht erklärte der Kläger in
öffentlicher Sitzung und Anwesenheit des Chefs, daß
dieser »wie gedruckt« lüge und mit Menschen derart
umgehe, daß er sich vorkomme »wie im Dritten
Reich«. Der Arbeitgeber nahm die Worte zum Anlaß, dem
ehemaligen Mitarbeiter erneut fristlos zu kündigen. Das
Arbeitsgericht wies dessen Klage ab, ebenso das
Landesarbeitsgericht die anschließende Berufungsklage.
Laut Urteilsspruch können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers
eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit müsse zurücktreten,
wenn die Äußerungen einen Angriff auf die
Menschenwürde, eine Formalbeleidigung oder Schmähung
darstellten, teilte das Gericht mit. Von Bedeutung für das
Urteil seien auch frühere Äußerungen des
Fahrzeugführers gewesen, in denen er das Landesarbeitsgericht
als »korrupt« und »schlimmer als die
Kommunisten« beschimpft hatte.
(dapd/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/158042.vergleiche-mit-nazis-riskant.html