18.01.2011 / Schwerpunkt / Seite 3
Nachbarstaaten: Revolte weitet sich aus
Zum ersten Mal brachte der Volksaufstand in Tunesien einen
arabischen Staatschef zu Fall. In anderen Ländern der Region
fand der Umsturz Resonanz:
Ägypten: Vor dem Parlament in Kairo übergoß sich am
Montag ein Ägypter mit Benzin und zündete sich an. Der
Mann sei mit Verbrennungen, vor allem im Gesicht, ins Krankenhaus
gebracht worden, hieß es. Es handele sich um einen
Restaurantbesitzer, der die Verzweiflungstat aus Protest gegen die
Krisenpolitik der Regierung angesichts des Brotmangels begangen
habe.
Jordanien: Vor dem Parlament in Amman protestierten knapp 3000
Menschen – Gewerkschafter, Muslimbrüder und Mitglieder
linker Parteien– am Sonntag gegen die Inflation und die
Wirtschaftspolitik der Regierung. Der Gewerkschaftsvertreter Abdel
Hadi Al-Falahat wurde von AFP mit den Worten zitiert, die drei
Veranstalter der Kundgebung »fordern den Sturz der Regierung
und eine Umverteilung der Besitztümer im Land«. Rund ein
Viertel der Einwohner lebt laut einer Studie des jordanischen
Wirtschafts- und Sozialrates unterhalb der Armutsgrenze.
Algerien: In dem Land haben sich in den vergangenen Tagen mehrere
Menschen selbst verbrannt. Der Tageszeitung Liberté zufolge
zündete sich zuletzt am Sonnabend ein 37jähriger an und
starb wenige Stunden später im Krankenhaus.
Jemen: In Sanaa riefen am Sonntag rund tausend Studenten zum Sturz
der Regierung auf. »Freies Tunis, Sanaa grüßt dich
tausendmal«, rief die Menge, der sich auch
Menschenrechtsaktivisten angeschlossen hatten. Die Demonstranten
zogen Beobachtungen eines AFP-Korrespondenten zufolge vom Campus
zur tunesischen Botschaft in Sanaa. Die Studenten riefen auch
andere arabische Völker zur »Revolution gegen ihre
lügenden und verängstigten Anführer« auf.
»Geht, bevor ihr abgesetzt werdet«, hieß es auf
einem der Plakate der Protestierenden. Ali Abdallah Saleh ist seit
32 Jahren Präsident.
(AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/157642.nachbarstaaten-revolte-weitet-sich-aus.html