18.01.2011 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15
Trotz ERA: Betriebsrat bestimmt mit
Der Entgeltrahmen-Tarifvertrag für die Beschäftigten in
der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16.
September 2003 (ERA-TV) hat das gesetzliche Beteiligungsrecht des
Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen nicht beseitigt. Dies
geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor, die
in der vergangenen Woche bekanntgegeben wurde (7 ABR 34/09).
Gemäß § 99 Absatz 1 Satz 1 des
Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) hat der Arbeitgeber in
Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten
Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Ein- und Umgruppierung zu
unterrichten und seine Zustimmung einzuholen. Das gesetzliche
Beteiligungsrecht sichert die rechtliche Mitbeurteilung des
Betriebsrats bei der vom Arbeitgeber vorzunehmenden Zuordnung des
einzelnen Arbeitnehmers zu einer bestimmten Entgeltgruppe einer im
Betrieb geltenden Vergütungsordnung. Nach § 9.1 ERA-TV
hat der Beschäftigte Anspruch auf das Grundentgelt derjenigen
Entgeltgruppe, die der Einstufung der ausgeführten
Arbeitsaufgabe entspricht. Bewertung und Einstufung der
Arbeitsaufgabe erfolgen nach einem im ERA-TV festgelegten
Verfahren. Hierbei besteht kein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats. Nach § 9.2 ERA-TV teilt der Arbeitgeber dem
Beschäftigten und dem Betriebsrat die sich aufgrund der
Einstufung der Arbeitsaufgabe ergebende Entgeltgruppe schriftlich
mit.
Bei der dazu erforderlichen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer
Entgeltgruppe des ERA-TV handelt es sich jedoch um eine
mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung. Diese vom
Arbeitgeber vorzunehmende Zuordnung entfällt nicht deshalb,
weil die Einstufung der Arbeitsaufgabe in dem tariflich geregelten
Verfahren verbindlich festgelegt wird. Insbesondere bleibt zu
prüfen, ob die mitgeteilte Entgeltgruppe der bewerteten und
eingestuften Arbeitsaufgabe entspricht und ob der Arbeitnehmer die
Arbeitsaufgabe tatsächlich ausführt. Hierbei ist der
Betriebsrat zu beteiligen. Sein Mitbestimmungsrecht wird auch durch
das im ERA-TV geregelte Reklamationsverfahren nicht
suspendiert.
Anders als die Vorinstanzen hat der Siebte Senat des BAG damit dem
auf die Feststellung seines Beteiligungsrechts bei der Ein- und
Umgruppierung von Arbeitnehmern in den ERA-TV gerichteten Antrag
eines Betriebsrats stattgegeben. Ebenfalls am 12. Januar 2011 hat
der Senat in einem ähnlich gelagerten Verfahren (7 ABR 35/09)
die Arbeitgeberin auf Antrag des Betriebsrats verpflichtet, dessen
Zustimmung zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers nach dem ERA-TV
einzuholen. (jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/157593.trotz-era-betriebsrat-bestimmt-mit.html