31.12.2010 / Feuilleton / Seite 12
Billy Taylor tot
Der Jazz-Pianist und Komponist William »Billy« Taylor
ist im Alter von 89 Jahren in einem New Yorker Krankenhaus
verstorben. Am Dienstag abend sei ihr Mann einem Herzinfarkt
erlegen, teilte seine Witwe Theodora Taylor am Mittwoch mit.
»Musik war seine Liebe«, sagte sie über ihren
Mann. Am Piano galt er als »Meistertechniker«
(Rowohlt-Jazz-Lexikon). Der Swing-Komponist Ram Ramirez zählte
Taylor zu den ganz wenigen Pianisten, »die ohne Baß und
Schlagzeug spielen und dabei interessant sein können, weil er
alle Schulen des Klavierspiels beherrscht«. Taylor
befleißigte sich hierzu eines sehr originellen Akkordaufbaus
mit der linken Hand. Er spielte sowohl Bebop als auch Swing.
Taylors Vater leitete einen Kirchenchor in Greenville,
North-Carolina. Er bekam früh Klavierunterricht und
studierte 1938–1942 Musikwissenschagft auf dem College.
Danach ging er nach New York, wo er der »Hauspianist«
des legendären »Birdland«-Clubs wurde. In dieser
Funktion spielte er praktisch mit allen damaligen Größen
des Jazz wie Charlie Parker, Ben Webster, Dizzy Gillespie und Miles
Davis.
In den 50er Jahren war er der musikalische Leiter der ersten
TV-Serie über Jazz (»The Subject is Jazz« auf
NBC), in den 60er Jahren der erste Afroamerikaner, der in den USA
im Fernsehen ein Studioorchester leitete. Auch veranstaltete er
erst in Harlem und dann auch in anderen New Yorker Stadtteilen
unter dem Titel »Jazzmobile« kostenlose
Freiluftkonzerte und Workshops. Er schrieb Bücher, moderierte
Radiosendungen, arbeitete fürs Fernsehen, promovierte in
Pädagogik und wurde schließlich 1975 Musikprofessor in
seiner Geburtsstadt Greenville.
Unter seinen rund 300 Kompositionen ist das Lied »I Wish I
Knew (How It Would Feel to Be Free)« das bekannteste, es
wurde in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung
populär und unter anderem von Nina Simone gesungen. (jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/156722.billy-taylor-tot.html