15.12.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Haftprüfung: Assange kommt auf Kaution frei
Der in Großbritannien inhaftierte Wikileaks-Gründer
Julian Assange kommt gegen Zahlung einer Kaution auf freien
Fuß. Das entschied am Dienstag ein Gericht in London bei
einem Haftprüfungstermin. Die Kaution beträgt laut BBC
umgerechnet rund 240000 Euro. Assanges Anwalt hatte zuvor
erklärt, sein Mandant sei bereit, eine elektronische
Fußfessel zu tragen und sich an einer der Polizei bekannten
Adresse aufzuhalten. Schweden fordert die Auslieferung des
39jährigen Australiers, dem Sexualdelikte zur Last gelegt
werden. Assange weist die Vorwürfe zurück und spricht von
einer Intrige. Er wehrt sich gegen eine Auslieferung nach Schweden,
weil er eine Überstellung in die USA fürchtet.
Zahlreiche Prominente hatten sich zusammengeschlossen, um die
Kaution für Julian Assange zu zahlen. Darunter auch
Milliardärstochter Jemima Khan, Regisseur Ken Loach und
Dokumentarfilmer Michael Moore. Zudem bot der Chef des
»Frontline Clubs«, in dem sich Assange in den
vergangenen Wochen aufgehalten hatte, seine Hilfe an.
Kurz vor seinem Haftprüfungstermin hatte Assange die
Kreditkartenunternehmen Visa und Mastercard sowie das Bezahlsystem
Paypal wegen der Blockade seines Internetportals scharf kritisiert.
»Wir wissen jetzt, daß Visa, Mastercard und Paypal
Instrumente der US-Außenpolitik sind«, erklärte
der Wikileaks-Chefredakteur am Dienstag in einer an seine Mutter
diktierten Mitteilung, die im australischen Fernsehen verlesen
wurde. »Das haben wir vorher nicht beachtet«,
fügte er hinzu.
Wikileaks hatte Ende November mit der Veröffentlichung von
Depeschen der US-Diplomatie im Internet begonnen. Die US-Regierung
drohte deswegen wiederholt mit juristischen Schritten. Einzelne
Politiker riefen gar zur Tötung Assanges auf. Die beiden
Kreditkartenunternehmen sowie das Online-Bezahlsystem hatten
vergangene Woche die Zahlungsmöglichkeiten an Wikileaks
eingestellt. Paypal lockerte die Sperre zwar etwas, kündigte
aber an, vorerst keine neuen Zahlungen zu akzeptieren.
Assange erklärte in seiner Mitteilung aus dem Knast weiter, er
halte an seinen Überzeugungen und Idealen fest. »Diese
Umstände werden nicht an ihnen rütteln. Diese
Entwicklungen haben meine Entschlossenheit eher bestärkt und
gezeigt, daß meine Überzeugung richtig ist«, sagte
der 39jährige, dessen Mutter, Christine Assange, nach London
gereist ist, um ihrem Sohn beizustehen. »Als Mutter fordere
ich die Welt auf, meinen mutigen Sohn zu unterstützen«,
sagte sie dem Sender Channel 7. Assanges Mutter hatte nach eigenen
Angaben kurz mit ihrem Sohn telefonieren dürfen. Der Sender
veröffentlichte das Video am Dienstag im Internet. In den
vergangenen Tagen hatte es weltweit Proteste für die
Freilassung des Wikileak-Chefs gegeben. (AFP/dapd/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/155942.haftprüfung-assange-kommt-auf-kaution-frei.html