10.11.2010 / Antifaschismus / Seite 15
Neue Debatte um NPD-Verbot
Halle. Unionspolitiker äußern sich skeptisch zu einem
neuen Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem
Bundesverfassungsgericht. Der parlamentarische Staatssekretär
im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner (CDU), sagte der
in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Montagausgabe): Wir
müssen in jedem Fall vermeiden, daß wir noch einmal vor
dem Bundesverfassungsgericht scheitern. Bei uns herrscht da
große Skepsis.«
2003 hatte das Bundesverfassungsgericht den Antrag auf ein
NPD-Verbot abgewiesen, weil die Verfassungsschutzämter rund 30
Spitzel in die Führungsebene der Partei eingeschleust hatten
und somit deren Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar
beeinflußt haben. Bergner sagte jetzt: »Der Preis, die
V-Leute abzuziehen, ist unter Sicherheitsaspekten zu hoch.«
CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach erklärte, ein
Verbotsverfahren würde sich über zwei oder drei Jahre
hinziehen, »in denen wir die V-Leute abschalten
müßten und in denen wir sicherheitspolitisch im
Blindflug wären«.
Unterdessen wurde bekannt, daß die Innenminister von Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen Parteien wie der NPD staatliche
Zuschüsse kürzen wollen. Das sagte Thüringens
Innenminister Peter Huber (CDU) am Wochenende. Im Parteiengesetz
solle künftig festgelegt werden, daß Landes- oder
Bundesverbände einer Partei keine staatlichen Zuschüsse
erhalten, wenn sie den öffentlichen Frieden gefährdeten.
Dies würden sie tun, wenn sie etwa den Nationalsozialismus
verherrlichten oder zur Gewalt aufriefen, sagte Huber.
Der Thüringer Innenminister beruft sich bei seinem
Vorstoß auf das sogenannte »Wunsiedel-Urteil«.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Spruch vom November
2009 festgestellt, daß NS-verherrlichende
Äußerungen nicht von der im Grundgesetz verankerten
Meinungsfreiheit gedeckt seien. Huber will dieses Vorhaben auf der
nächsten Innenministerkonferenz präsentieren.
(dapd/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/153988.neue-debatte-um-npd-verbot.html