05.11.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Dokumentiert: Entwurf unter Beschuß
Im Entwurf zum neuen Programm der Partei Die Linke heißt
es im Kapitel »Wie schaffen wir Frieden? Abrüstung,
kollektive Sicherheit und gemeinsame Entwicklung«:
Für Die Linke ist Krieg kein Mittel der Politik. Wir fordern
die Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein
kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Rußlands. Wir
fordern ein sofortiges Ende aller Kampfeinsätze der
Bundeswehr. Dazu gehören auch deutsche Beteiligungen an
UN-mandatierten Militäreinsätzen nach Kapitel VII der
UN-Charta. Um Akzeptanz für die Militarisierung der
Außenpolitik zu erlangen, ist zunehmend von
»zivilmilitärischer Kooperation« und von Konzepten
zur »vernetzten Sicherheit« die Rede. Die Linke lehnt
eine Verknüpfung von militärischen und zivilen
Maßnahmen ab. Sie will nicht, daß zivile Hilfe für
militärische Zwecke instrumentalisiert wird.
Die parteirechte Strömung fds (Forum demokratischer
Sozialismus) schreibt in ihren »13 Thesen« unter der
Überschrift »Für realistische
Sicherheitsperspektiven«:
Der gegenwärtige Programmentwurf (...) erfaßt in seiner
Analyse die gegenwärtige Außen- und Sicherheitspolitik
sowie die Grundbedingungen der bestehenden internationalen
Institutionen, einschließlich der NATO, nur unzureichend. Es
dominiert ein enger deutscher Fokus und plakative Argumentation.
Damit bleiben Widersprüche unberücksichtigt:
– Die Haltung zur NATO muß beispielsweise
berücksichtigen, daß mit dieser Institution in über
20 Mitgliedstaaten Bevölkerungsmehrheiten ihr
Sicherheitsbedürfnis verbinden. Hier gilt es also erst einmal,
für Alternativen überhaupt Verständnis zu
schaffen.
– Auch völkerrechtlich nach UN-Charta mandatierte
internationale militärische Einsätze sind oft, aber nicht
immer und per se abzulehnende Kriegseinsätze.
Das fds-Gründungsmitglied Stefan Liebich schreibt in
seinem Internet-Blog:
Ich plädiere dafür, daß Die Linke einerseits eine
realistische Utopie für eine friedliche Gesellschaft
erarbeitet. Ich schlage andererseits vor, daß Die Linke jeden
von der UNO entschiedenen Einzelfall selbst prüft und klug und
souverän entscheidet, statt pauschale Antworten zu geben
– denn Ursachen, Verlauf und Lösungsmöglichkeiten
von Konflikten unterscheiden sich. Die Linke sollte aber einer
UN-Mission nicht einfach deshalb zustimmen, weil diese vom
Sicherheitsrat beschlossen wurde. UN-Zustimmung ist
Minimalvoraussetzung, nicht aber hinreichend für unsere
Positionierung.
https://www.jungewelt.de/artikel/153759.dokumentiert-entwurf-unter-beschuß.html