08.10.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Spielende Rekrutierung: America’s Army
Am 4. Juli 2002 erschien die erste Version des von der US-Armee
herausgegebenen, finanzierten und von zivilen Softwarefirmen
entwickelten Ballerspiels »America’s Army«. Bis
2006 verzeichnete die Army acht Millionen registrierte User. An
einem normalen Tag tummeln sich etwa 30000 Spieler auf den Servern
des US-Militärs, um über das Internet vernetzt mit
anderen Spielern in die Schlacht zu ziehen. Durch die Registrierung
vor Spielbeginn ist es der Armee möglich, den meist jungen
Spielern Werbung zuzuschicken oder sie sogar zuhause zu
besuchen.
Waffen wurden für das Spiel originalgetreu am Computer
nachgebaut und selbst deren Verschleiß beachtet, so daß
das Kriegsgerät auch untauglich werden kann. Beim
Schießen müssen die User auf die Atmung ihres virtuellen
Ichs achten, um kurz nach dem Ausatmen eine ruhige Hand zu haben
und genauer zu treffen. Fast alles ist realistisch – bis auf
den Schaden, den die Waffen anrichten. Mit der Darstellung von Blut
wird gespart, ebenso mit Rufen und Todesschreien verwundeter
Personen. Im Spiel stehen sich zwei Teams auf einer von vielen zur
Auswahl gestellten Karten gegenüber. Ziel ist es, die Gegner
zu töten. Dabei sehen sich die Spieler beider Teams selbst als
US-Soldaten, das jeweils andere Team wird als arabische Terroristen
dargestellt, so daß im Endeffekt niemand die
Aufständischen selbst spielt, diese aber für die User
immer die Feinde verkörpern. Die meisten Karten sind an
Schauplätze in Afghanistan und im Irak angelehnt.
Dem Spieler werden bei »America’s Army« schon
früh allerlei militärische Fertigkeiten beigebracht. So
gibt es strikte Hierarchien und Befehlsstrukturen, die mit Hilfe
von »Honor«-Punkten dargestellt werden. Je mehr
»Ehrenpunkte« ein Spieler hat, um so höher sein
virtueller Rang, was es ihm ermöglicht, anderen Spielern
Befehle zu erteilen. Die »Honor«-Punkte setzen sich
zusammen aus Loyalität, Pflicht, Respekt, selbstlosem Dienst,
Ehre, Integrität und Mut. »Heilt« man die
Verwundung eines Soldaten im eigenen Team, gibt dies Punkte ebenso
wie für das Töten von Feinden. Bei
Befehlsmißachtung oder Verstoß gegen die »Rules
of Engagement«, beispielsweise durch Verletzen oder
Töten von Teammitgliedern oder Zivilisten, gibt es Punktabzug.
Für grobe oder zu häufige Verstöße können
User sogar für das Spiel gesperrt werden. Die mittlerweile
drei Versionen des Kriegsspiels sind kostenlos im Internet auf den
Websites des US-Army erhältlich. Unverbindliche
Altersfreigabe: 13 Jahre.
(msvg)
https://www.jungewelt.de/artikel/152154.spielende-rekrutierung-america-s-army.html