01.10.2010 / Feuilleton / Seite 12
3001 Wirklichkeiten
»Jack Lemmon, Cary Grant, Frank Sinatra, das waren meine
besten Freunde«, sagte Tony Curtis vor einigen Jahren. Am
Mittwoch abend ist er 85jährig in seinem Haus bei Las Vegas
gestorben. Berühmt wurde der Schauspieler 1959 in der
Billy-Wilder-Komödie »Some like it hot«
(»Manche mögen’s heiß«). In
Damenkleidern verliebt er sich hier in Marilyn Monroe. Die beiden
waren nach dem Dreh acht Wochen liiert.
Aufgewachsen ist Curtis als Sohn jüdisch-ungarischer
Einwanderer in der New Yorker Bronx. Sein Vater war in Ungarn als
Schauspieler bekannt, schlug sich in New York als Schneider durch
und dürfte nicht gehofft haben, daß der Sohn irgendwann
(1990) eine nordamerikanische Insel (Forbes) kaufen würde, um
in Ruhe zu malen.
Curtis spielte Frauenmörder, Seeräuber und
Hochseilartisten; für »The Defiant Ones«
(»Flucht in Ketten«, 1958) erhielt er eine
Oscar-Nominierung. Er ist hier an Sidney Portier gekettet (Robert
Mitchum hatte Curtis’ Rolle mit der Begründung
abgelehnt, er würde nicht »mit einem Neger
spielen«).
Nachdem er zur Malerei gefunden hatte – auch in
Entziehungskuren –, meinte Curtis einmal: »Ich habe in
100 Filmen gespielt, und wenn man rund 30 Szenen pro Film rechnet,
dann war ich in 3000 Wirklichkeiten gefangen. Für mich war
alles echt, und manchmal bringe ich es durcheinander«.
Eine Tochter aus der ersten von fünf Ehen, Jamie Lee Curtis,
spielt weiter. Ein Sohn aus der dritten Ehe starb 22jährig an
einer Überdosis Heroin.
In der BRD war Curtis als US-Millionär in der TV-Serie
»Die Zwei« beliebt. Der zweite war Roger Moore, ein
britischer Adliger und Snob. Frotzeleien wie »Euer
Durchbläut« trafen den Zeitgeschmack, vor allem wegen
der im Gegensatz zum britischen Original ironischen
Synchronisierung. (apn/AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/151774.3001-wirklichkeiten.html