20.09.2010 / Schwerpunkt / Seite 3

Dokumentiert

»Verläßlichkeit der Linken«

Auszüge aus den 13 Thesen des »Forum Demokratischer Sozialismus« (fds) zum Entwurf des Programms der Partei Die Linke

9. Für gerechten Frieden

(…) Mit dem programmatisch wenig tauglichen und zudem nicht definierten Imperialismusbegriff wird zwar sprachlich an bekannte linke Rhetorik des letzten Jahrhunderts angeknüpft, jedoch im Ergebnis eine politisch fragliche, vereinfachte Darstellung der Vielschichtigkeit internationaler Beziehungen vorgenommen.

Während der Programmentwurf kaum Akteure benennt, sehen wir die UNO in zentraler Funktion für Friedenssicherung und Konfliktbearbeitung. Worin die geeigneten Instrumente zur Bearbeitung der damit verbundenen Herausforderungen bestehen und welche Ressourcen dafür vorhanden sind, ist noch zu klären.

Ausgehend von einer potentiellen Friedensfähigkeit des Kapitalismus ist es unseres Erachtens wichtig, die Vision einer friedlichen Welt ohne Gewalt in den internationalen Beziehungen durch konkrete Auseinandersetzungen um fair gesteuerte Globalisierung und politisch kooperative Ordnungsmuster zu untersetzen. (…)

11. Für realistische Sicherheitsperspektiven

(…) Der gegenwärtige Programmentwurf (…) erfaßt in seiner Analyse die gegenwärtige Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Grundbedingungen der bestehenden internationalen Institutionen, einschließlich der NATO, nur unzureichend. Es dominiert ein enger deutscher Fokus und plakative Argumentation. Damit bleiben Widersprüche unberücksichtigt:

– Die Haltung zur NATO muß beispielsweise berücksichtigen, daß mit dieser Institution in über 20 Mitgliedstaaten Bevölkerungsmehrheiten ihr Sicherheitsbedürfnis verbinden. Hier gilt es also erst einmal, für Alternativen überhaupt Verständnis zu schaffen.

– Auch völkerrechtlich nach UN-Charta mandatierte internationale militärische Einsätze sind oft, aber nicht immer und per se abzulehnende Kriegseinsätze.

Es ist falsch, im innerparteilichen Diskurs die Suche nach Antworten auf diese Widersprüche und Herausforderungen als Vernachlässigung friedenspolitischer Grundpositionen oder gar Selbstaufgabe mit dem Ziel der Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu denunzieren. Im Gegenteil: Gerade das Interesse an einer solchen grundsätzlichen Debatte beweist die Bereitschaft zum Erkennen der Komplexität politischer Entscheidungen. Sie ist Ausdruck der Ernsthaftigkeit der inhaltlichen Debatte und damit Grundvoraussetzung für Glaubwürdigkeit und Verläßlichkeit der Linken. (…)
https://www.jungewelt.de/artikel/151164.dokumentiert.html