Schafft man es einmal nicht, seine Post sofort zu beantworten,
bilden sich rasch unansehnliche Stapel auf und um den Schreibtisch,
im elektronischen Postfach dagegen rutschen die Nachrichten einfach
immer weiter nach hinten, und erst wenn man mal Inventur macht,
überfällt einen das schlechte Gewissen.
So verschwand auch eine Anfrage von Ende Mai, ob ich an einem
sogenannten »Lektüre-Blog« zu
»Zettel’s Traum« mitwirken wolle. Es sollten dort
»neue, kreative, spielerische Lektüren« probiert
werden, auch wolle man in eine Diskussion kommen, »die
durchaus offen und kontrovers sein, aber konstruktiv und freundlich
bleiben« solle.
Es mögen solche Formulierungen gewesen sein, die eine
ebenfalls eingeladene Kollegin zur Nachfrage brachten: »Was
ist das nun wieder?« Aber im postalischen Normalfall
hätte ich bestimmt zugesagt, auch wenn nicht einmal mit dem so
gern ironisch angebotenen »Gotteslohn« gelockt
wurde.
Dennoch vermerkt die ansonsten noch leere Website
www.schauerfeld.de
54 künftige Beiträger, darunter, wie schon die Einladung
androhte, »namhafte« Literaturkritiker, aber durchaus
auch unverächtliche Schreiber, man darf getrost gespannt sein.
Daß man allerdings nur »konstruktive und
freundliche« Kommentare durch den Filter lassen will, scheint
mir fragwürdig, schließlich hat man doch eigens die
Phrasen vom »Web 2.0« erfunden, um die neuen
Kommunikationsformen im Netz zu erfassen, wofür freilich auch
althergebrachte Begriffe zur Verfügung gestanden hätten:
Pöbelei, Naseweisheit, Rechtschreibschwäche.
Als ich kürzlich für Zeit online eine Rezension zu einem
Comic von Manu Larcenet schrieb, vertippte sich der Redakteur beim
Basteln der Überschrift samt Teaser – und sofort
triumphierte »IAmNeda«, der Autor wisse
»anscheinend nicht einmal worüber er schreibt«, da
der Zeichner im Text »immer wieder« falsch geschrieben
werde. Was natürlich nicht der Fall war, aber da war der
– vermute ich mal – Herr schon unterwegs zu
comicforum.de, um dort seiner Entrüstung Luft zu machen. Auch
die übrigen Kommentatoren mühten sich redlich, erreichten
aber durchgängig nicht die Qualität eines
durchschnittlichen Youtube-Kommentars wie »Ich mag das lied
Nicht wircklich aber die anderen schon die sind KLASSE!!! weiter_
music !xD« Warum also nicht so über
»Zettel’s Traum« debattieren? Ähnlich, wenn
auch in anderen Worten, argumentieren Schmidt-Leser ohnehin gern,
um zu begründen, daß sie »Zettel’s
Traum« nicht gelesen haben. »*xD_«