08.09.2010 / Feuilleton / Seite 13
Nichts ist sicher
Tugan Sochiew ist der neue Chefdirigent des Deutschen Symphonie
Orchesters Berlin (DSO). Der 33jährige Russe wird Nachfolger
von Ingo Metzmacher, der wegen unzureichender finanzieller
Ausstattung seinen Vertrag über 2010 hinaus nicht
verlängert hatte. Laut Orchestervorstand Michael Mücke
sei Tugan Sochiew der absolute Wunschkandidat des Orchesters, das
ihn in geheimer Abstimmung mit großer Mehrheit gewählt
habe. Gerade bei seinem Dirigat der 5. Symphonie von Tschaikowski
im Dezember habe er selbst die »vollkommene Einheit von
Dirigent und Orchester« gespürt. Tatsächlich wurde
an jenem 6.Dezember 2009 der Plan von Deutschlandradio-Intendant
Willi Steul bekannt, das DSO mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester und
Chöre (ROC) Berlin zu fusionieren.
Sochiews Vertragsabschluß empfinden die Orchestermitglieder
als existenzsichernd für ihren Klangkörper. Die Gefahr
der Fusion, bei der rund 70 Musikerstellen gestrichen werden
sollten, scheint gebannt. Zu diesem Optimismus paßt jedoch
nicht die Weigerung des Intendanten des ROC, Gernot Rehrl, Auskunft
über die Richtung des Strukturkonzepts zu geben, das eine
Kommission inzwischen ausgebrütet hat. Ein
betriebswirtschaftliches Gutachten bescheinigt dem ROC, mit 310
Künstlern und 50 administrativ Beschäftigten zu den
schlankesten »Verwaltungseinheiten« zu gehören.
Für die Effizienz sprechen zudem Rekordeinnahmen von 7,9
Millionen Euro 2009 (plus 800000 Euro zum Vorjahr) und eine
Auslastung von 83Prozent. (ssch)
https://www.jungewelt.de/artikel/150516.nichts-ist-sicher.html