19.08.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Hintergrund: Kriegstrommeln
»Die Trommelschläge für einen Krieg gegen Iran
werden lauter«, stellte Muhammad Sahimi schon am 31. Juli in
einem von vielen Internetseiten übernommenen Artikel fest. Der
seit seiner Kindheit in den USA lebende Iraner Trita Parsi schrieb
am 13. August auf Salon.com etwas vorsichtiger: »Eine
Kampagne für Krieg gegen Iran beginnt.« Nach seiner
Einschätzung könnte das Kriegsgeschrei der
Neokonservativen und der Israel-Lobby auch dazu dienen,
US-Präsident Barack Obama als Schwächling zu demontieren,
falls er Iran nicht angreifen läßt. Das würde den
Weg für einen noch strammeren Kriegspräsidenten bei der
2012 anstehenden Wahl vorbereiten.
Ein breites Internet-Echo hat ein langer Artikel von Webster G.
Tarpley gefunden, der in deutscher Übersetzung u. a. bei
hintergrund.de zu lesen ist. Der Autor meint, daß die Gefahr
eines Krieges zwischen den USA und Iran »in den letzten
zweieinhalb Jahren relativ gering war«, jetzt aber
»rapide« zunimmt. Er führt das unter anderem auf
folgende Gründe zurück: Erstens seien die Hoffnungen
Washingtons auf die iranische Opposition gescheitert. Zweitens
begünstige die russische Außenpolitik den
Konfrontationskurs der USA. Drittens sei »der von den
Hedge-Fonds in den USA und Großbritannien geführte
Blitzkrieg gegen den Euro ins Stocken geraten«. Viertens, die
US-Regierung strebe durch die Eröffnung eines Krieges gegen
Iran einen »astronomischen Goldpreis zur Rettung des
US-Dollars« an. Fünftens, die USA wollen »die
Araber und die Iraner gegeneinander ausspielen«.
Letzteres ist zweifellos richtig. Bei seiner Einschätzung,
daß dies bereits weitgehend gelungen sei, steht Tarpley aber
auf ganz morastigem Boden. Im Grunde kann er dafür,
außer den später zurückgenommenen
Äußerungen eines Botschafters der Vereinigten Emirate,
keinen wirklichen Fakt und kein einziges Zitat anführen. Die
Meldungen der Londoner Times über eine militärische
Kooperation zwischen Israel und Saudi-Arabien, auf die sich Tarpley
unreflektiert beruft, repräsentieren das Wunschdenken einer
Zeitung, die den Neokonservativen nahesteht.
(km)
https://www.jungewelt.de/artikel/149504.hintergrund-kriegstrommeln.html