14.08.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Der Riese mit den Siebenmeilenstiefeln
junge Welt dokumentiert stark gekürzt »Reflexionen
des Genossen Fidel«, die vom Internetportal cubadebate.cu am
12. August verbreitet wurden.
Ich habe es von Aristoteles erfahren, dem berühmtesten
Philosophen der Menschheitsgeschichte. Der Mensch ist zu den
wunderbarsten Handlungen fähig, oder auch zu den schlimmsten
Niederträchtigkeiten. Seine erstaunliche Intelligenz ist in
der Lage, die unveränderlichen Gesetze der Natur zum Guten
oder zum Schlechten auszunutzen.
Zu einem Zeitpunkt, an dem ich eine viel geringere Erfahrung als
heute hatte, in jenen Tagen, als unser bewaffneter Kampf in den
Bergen von Kuba vorbereitet wurde, dort, in der mexikanischen
Nation – wo jeder Kubaner immer etwas Eigenes aufgefunden hat
– haben wir einen flüchtigen, aber unvergeßlichen
Zeitabschnitt gelebt, in dem alle Wunder sich in einem Winkel der
Erde vereinten.
Ich würde weder die korrekte Art und Weise noch die richtigen
Worte finden, um meine Eindrücke so zu beschreiben, wie es ein
Mexikaner getan hat, der, nicht umsonst, die Person mit der
größten Autorität ist, um über die
Tragödie jenes Landes zu sprechen, da er als Gouverneur des
äußerst wichtigen Wahlbezirks Mexiko City, der
Hauptstadt der Republik, gewählt worden ist, und bei den
Wahlen 2006 Kandidat der »Coalición por el bien de
todos« (Koalition zum Wohl aller) war. Er wurde für die
Wahlen aufgestellt und gewann die Stimmenmehrheit gegenüber
dem Kandidaten der PAN (Partei der Nationalen Einheit). Aber das
Imperium hat es ihm nicht gestattet, die Macht zu
übernehmen.
Mir war bekannt, genau wie anderen führenden politischen
Persönlichkeiten, wie Washington die Ideen des
»Neoliberalismus« ausgearbeitet hatte, die es den
Ländern von Lateinamerika und dem Rest der Dritten Welt als
Inbegriff der politischen Demokratie und der wirtschaftlichen
Entwicklung verkaufte, aber niemals habe ich eine so klare
Vorstellung davon gehabt, auf welche Art und Weise das Imperium
jene Doktrin dazu verwendete, um die Reichtümer eines
wichtigen Landes zu zerstören und zu verschlingen, eines
Landes, reich an natürlichen Ressourcen und Heimstatt eines
heldenhaften Volkes, das schon vor der vorchristlichen Ära,
vor mehr als zweitausend Jahren, eine eigene Kultur
besaß.
Andrés Manuel López Obrador, eine Person, mit der ich
nie gesprochen und auch nie eine freundschaftliche Beziehung gehabt
habe, ist der Autor eines gerade verlegten kleinen Bandes, dem ich
für seine hervorragende Darlegung darüber, was in jenem
Bruderland geschieht, danke. Der Titel lautet »Die Mafia, die
sich Mexikos bemächtigt hat … und das Jahr 2012«.
(…) Es beschreibt die Art und Weise, in der die Vereinigten
Staaten gierig ein Bruderland dieser Hemisphäre verschlingen,
dem sie eines Tages über 50 Prozent seines Gebiets entrissen
haben, die größten Minen von äußerst reinem
Feingold und den Ölreichtum, den sie über ein Jahrhundert
intensiv ausgebeutet haben und von dem sie jetzt noch knapp drei
Millionen Barrel täglich fördern.
Am Ende nennt López Obrador zehn Zielstellungen als Synthese
seines politischen Gedankenguts:
»1. Rettung des Staates und ihn in den Dienst des Volkes und
der Nation stellen;
2. Demokratisierung der Massenmedien;
3. Schaffung einer neuen Wirtschaft;
4. Bekämpfung der monopolistischen
Geschäftsgebaren;
5. Aufhebung der Steuerprivilegien;
6. Ausübung der Politik als ein ethisches Gebot und
Verwirklichung der republikanischen Enthaltsamkeit;
7. Stärkung des Energiesektors;
8. Erreichung der Nahrungsmittelsouveränität;
9. Errichtung des Wohlfahrtsstaats;
10. Förderung einer neuen Denkrichtung.«
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